USA: Wie weit darf Religionsfreiheit gehen?
Es ist Trend in den USA: Gläubige verlangen zusehends, dass sie aus Gewissensgründen bestimmte Vorschriften nicht einhalten müssen.
Von Konrad Ege
Konfliktpunkte sind vornehmlich Abtreibung, Familienplanung und gleichgeschlechtliche Ehe. Kritiker fragen hingegen, ob und wann Rücksichtnahme auf den Glauben des einen zur Diskriminierung des anderen führt. Die Regierung von Donald Trump hat ein offenes Ohr für»Verweigerer«.
Große Pressekonferenz in Washington Mitte Januar: US-Gesundheitsminister Eric Hargan macht bekannt, er richte ein neues Büro ein, um Ärzte und Menschen in Pflegeberufen zu schützen, die Patienten aus Glaubensgründen bestimmte Therapien verweigern. Oftmals würden die Verweigerer gemobbt und benachteiligt.
Die Hebamme und Krankenschwester Sara Hellwege aus Alabama berichtete von ihrem Fall: Ein potenzieller Arbeitgeber habe sie 2014 wegen ihrer religiösen Überzeugung diskriminiert. Entsprechend ihres Glaubens verschreibe sie bestimmte Empfängnisverhütungsmittel nicht, hatte Hellwege der Klinik mitgeteilt und sei nicht eingestellt worden. Sie hoffe, sagte Hellwege in Washington, dass künftig »kein Arzt oder keine Krankenschwester wegen des Glaubens nicht beschäftigt oder entlassen wird«.
Gesetze garantieren Gewissensfreiheit; das Prinzip ist verbürgt in der US-Verfassung. Der für das neue Büro im Gesundheitsministerium zuständige Mitarbeiter Roger Severino erklärte, die Regierung habe Glaubensfreiheitsbeschwerden oft ignoriert, »doch der Wandel kommt und er kommt hier und jetzt«. Die Neuorientierung betrifft nicht nur das Gesundheitswesen: Das Justizministerium erteilte im Oktober Weisung: »Abgesehen von sehr begrenzten Umständen soll niemand zur Entscheidung zwischen gläubigem Leben und Gesetz gezwungen werden.«
Die Sache ist komplex und Gerichte werden viel zu tun haben. Anwältin Louise Melling von der Organisation American Civil Liberties Union äußerte sich besorgt über das neue Büro im Gesundheitsministerium. Religionsfreiheit dürfe nicht bedeuten, »dass man Patienten Behandlungen verweigert«. Der Familienplanungsverband Planned Parenthood warnte, Therapien dürften nicht von der religiösen Überzeugung des medizinischen Personals abhängen.
Schon heute laufen Verfahren über Glaubensfreiheit und gleichgeschlechtliche Ehe. Müssen gläubige Standesbeamte den amtlichen »Segen« geben, müssen Bäcker die Hochzeitstorte backen und Floristen den Strauß liefern? Das Oberste US-Gericht befasst sich gegenwärtig mit dem Rechtsstreit um einen Bäcker in Colorado. Man dürfe ihn nicht zwingen, etwas zu feiern, mit dem er nicht einverstanden sei, sagte er. Die Regierung Trump hat sich auf Seiten des Bäckers geschlagen.
Kirchen und religiöse Verbände sind sich nicht einig bei der Religionsfreiheit. Gesetze für Gleichbehandlung schützten alle Religionsgruppen, befand die Evangelische Lutherische Kirche in Amerika. Denn Gesetze sorgten dafür, dass Menschen nicht wegen ihres Glaubens diskriminiert werden dürfen.
Autor:Online-Redaktion |
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