Predigt über 1 Mose 8,1-12
Der Regenbogen an Gottes Himmel

Foto: epd-bild/Thomas Lohnes

Unser Predigttext handelt vo Noah und dem Ende der Sintflut. Noah - ein Mann des Glaubens wie nach ihm
Abraham und Mose. Noah - der Sohn von Lamech und Enkelsohn von Methusalem, von dem es heißt, dass er 969 Jahre alt geworden sei. Noah - mit dem Beinamen Jenachamenu, d.h. "Dieser wird uns zum Aufatmen bringen". Doch vor allem: Noah - der auf Gottes Geheiß die Arche baute. Und die hat sich bewährt. Sie hat Regen, Sturm und Wellen stand gehalten. Sie ist weder gekentert noch zusammengebrochen. Sie war 150 Tage ein sicherer Hort für Mensch und Tier. Aber das war für alle auch eine große Geduldsprobe. 150 Tage nichts als Wasser, Regen und dunkle Wolken. Fast ein halbes Jahr! 150 Tage mit dem Geblök der Schafe, dem Meckern der Ziegen, dem Muhen der Kühe und Ochsen, dem Gekreisch der Vögel und Affen, dem Trompeten der Elefanten etc., etc. 150 Tage auf engstem Raum. 150 Tage ohne "Land in Sicht!" Acht Menschen müssen die Zeit miteinander aushalten: Noah und seine Frau, die Söhne Sem, Ham und Japhet mit ihren Frauen. Immerhin waren keine Kinder dabei mit ihren (nervigen) Fragen: Wann sind wir da? Wann hört der Regen auf? Wann können wir endlich aussteigen???  Wie mögen sie ihre Tage verbracht haben? Sie hatten viele Tiere mit (Von allen Tieren ein Paar, von allen Vögeln, allem Vieh und allem Gewürm). Tiere machen Arbeit. Tiere müssen versorgt werden. Doch Tiere sind auch gut für uns Menschen. Man kann sie streicheln und mit ihnen reden. Darüber hinaus wuchs ihre Zahl an. 150 Tage, da wird manches Tier geboren worden sein, und so manche Nacht schlaflos. Die Trächtigkeit der Maus beträgt 20 Tage, die von Kaninchen 30 Tage; die von Katzen 60 Tage, die vom Hausschwein 140, die von Schafen und Ziegen 150 Tage. Wie waren die Abende? Gewiss haben sie erzählt und gesungen. Seit Menschengedenken werden die Abende  damit verbracht. Wer etwas zu erzählen hatte, war König! Die Psalmen waren noch nicht geschrieben. Doch etwas Psalm-Ähnliches wird es gegeben haben. Das 1. Lied der Bibel steht 2 Mose 15. Nach dem Durchzug durchs Schilfmeer ruft Mose voller Glück aus: "Ich will dem Herren singen, denn er hat eine herrliche Tat getan: Ross und Reiter hat er ins Meer gestürzt. Der Herrn ist meine Stärke und mein Lobgesang und mein Heil...!" Und gewiss hat die Noah-Familie auch miteinander gebetet. Gewiss haben sie darüber geredet, wie sie in diese Lage gekommen sind? Und gewiss gab es bei acht Personen auch Differenzen, die geklärt werden mussten. Doch darüber schweigt die Bibel sich aus.

Aber dann greift Gott wieder ein ins Geschehen: "Da gedachte Gott an Noah, das wilde Getier und alles Vieh, das in der Arche war... (8,1). Es klingt, als hätte er sie vorübergehend vergessen. Dabei hätte Gott (menschlich gesehen) guten Grund gehabt, die Menschen zu vergessen. Er hatte tabula rasa gemacht mit Mensch und Tier. Er hatte alles vertilgt, was zuvor gelebt hatte, bis auf die Besatzung der Arche, weil die "Bosheit der Menschen" groß war, -weil deren "Dichten und Trachten böse" war. Das wird nicht weiter begründet, sondern als unum-stößlich festgestellt. Sollte das große Sterben Gott nicht berührt haben? Sollte er die Schreie der Ertrin-kenden, ihre Gebete oder letzte Flüche nicht gehört haben? Wir können nur Vermutungen anstellen...
Nach 150 Tagen jedenfalls lässt Gott linde Winde blasen. Er schließt die Fenster des Himmels und die Brunnen der Tiefe. Und es beginnt eine neue Hoffnungsgeschichte: die Wasser verlaufen sich, die Spitzen der Berge werden sichtbar, die Arche findet Grund auf dem Berg Ararat, das Land beginnt abzutrocknen. Und dann kommt die Geschichte mit den Vögeln: dem einen Raben und den drei Tauben. Der Rabe kehrt zurück, weil er keinen Platz findet, an dem er hätte bleiben können. Ebenso die erste Taube. Die zweite kehrt mit dem Ölblatt 
im Schnabel zurück (Picassos Friedenstaube, 1949 gemalt). Die dritte Taube bleibt weg, so dass Noah weiß, sie hat neuen Lebensraum gefunden. Dazwischen immer wieder Pausen und lange Tage des Wartens...

Damit endet unser Predigttext. Doch wir wissen, dass die Geschichte weiter geht. Wir wissen von Noahs Opfer und Gottes Reue. Wir wissen von dem neuen Bund und dem Regenbogen am Himmel. Wir kennen Gottes 
markante Sätze: "Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen. Denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf!" Und "Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht." Und wir wissen, dass auch dieser Versuch nicht wirklich gelingt. Die Erfahrungen des Mose mit Gottes Volk sind ziemlich verheerend. Die Bücher der Propheten sind voller Klagen über das Gottesvolk und seine Gottlosigkeit... Nicht umsonst werden in der Zeit des Mose die Gebote formuliert, deren erstes heißt: "Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst nicht andre Götter haben neben mir!"
Und deshalb hat Gott Jahnhunderte später einen weiteren Versuch mit seinen Menschen unternommen, von dem Paulus schreibt: "Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, auf dass er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste (Gal 4,4)."
Damit haben wir den Bogen geschlagen zur Weihnachtszeit und der zu Ende gehenden Epiphanias-Zeit. Wir 
haben noch einmal die letzte Strophe von "Macht hoch die Tür" gesungen. Wir haben mit den Bläsern "Jesus ist kommen. Grund ewiger Freude!" gesungen. Und wir werden den heutigen Gottesdienst noch einmal beschließen mit dem Lied "O du fröhliche". Heute ist der 2.2., der letzte So. nach Epiphanias. Er hat den Namen "Lichtmess". Es ist der 40. Tag nach Jesu Geburt und er hat eine doppelte Bedeutung. Er ist einmal der Tag der "Darbringung des Herrn", d.h. der Säugling wird Gott zurück gegeben und mit einem Opfer ausgelöst, weil alle männliche Erstgeburt Gott gehört. Und zugleich gilt der Tag als "Mariae Lichtmess". Das ist der Tag der Reinigung der Maria von der "Unreinheit" der Geburt ihres Kindes. Und weil Ostern in diesem Jahr spät liegt, gibt es 2014 sogar einen 5. So, nach Epiphanias, so dass der Weihnachtsfestkreis streng genommen erst am 15.02. endet.

Ich möchte schließen mit einem Gedicht von Hilde Domin, das den Titel "Bitte" hat:
"Wir werden eingetaucht und mit den Wassern der Sintflut gewaschen. Wir werden durchnässt bis auf die
Herzhaut. Der Wunsch nach Landschaft diesseits der Tränengrenze taugt nicht. Es taugt die Bitte, dass bei Sonnenaufgang die Taube den Zweig vom Ölbaum bringe. Daß die Frucht so bunt wie die Blüte sei, daß noch die Blätter der Rose am Boden eine leuchtende Knospe bilden. Und daß wir aus der Flut, daß wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen  immer (un)versehrter und immer heiler stets von neuem zu uns selbst entlassen werden.

Mein Versuch, das Gedicht auf den Punkt zu bringen:
In jedem Leben, auch in deinem und meinem, gibt es die Wasser der Sintflut, in denen wir
zu ertrinken drohen.
Der Wunsch, verschont zu bleiben, ist verständlich, aber untauglich. 
Es taugt die Bitte, dass es immer auch Zeichen von Hoffnung und Neuanfang geben möge.
Es taugt die Bitte, dass wir durch unser Leben leidlich hindurch kommen mögen!
Amen.                                                                                                      (Schöndorf, d. 02.02.2014, Lichtmess)

Autor:

Martin Steiger

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