Ganzjährig blühend
Die Lutherrose: Merkzeichen der Theologie des Reformators
Von Karsten Loderstädt
Symbole haben es in sich. Je populärer ein Markenzeichen, je offensichtlicher die Reaktion beim Anblick. Der angebissene Apfel auf dem Deckel eines Notebooks vermag ehrfürchtiges Staunen, neidisches Begehren oder hilfloses Versagen bewirken. Was passiert bei Betrachtung einer Lutherrose? Trotz ihres weltweiten Verbreitungsgebietes schränkt sich ihr Bekanntheitsgrad ein. Wer etwas damit anfangen kann, weiß: Jetzt wird’s ernst. Hinter diesem Signum steht eine Botschaft, die Himmel und Erde umschließt. Es geht um das Leben. Wie kann es sinnvoll gelingen? Wer hat das Sagen und was kommt am Ende? Martin Luther versteht sein Signum als »Merkzeichen« seiner Theologie. Zugleich sieht er seinen Glauben darin zusammengefasst. So möge dieses Zeichen Menschen bewegen wie der Stern den Autofreund.
Nachdem Luther vom Nürnberger Ratsherrn Lazarus Spengler einen Siegelentwurf erhalten hatte, der sich am Vorbild des »Löwen und Papageienfensters« im Erfurter Augustinerkloster orientierte, ergänzt und präzisiert er ihn. Das Evangelium und seine Auswirkung müssen sichtbar auf den Punkt gebracht werden. Ein berühmt gewordener Brief Luthers vom 8. Juli des Jahres 1530 enthält dann quasi den verbalen Aufguss des Dargestellten. Eine Illustration. Denn das Zeichen soll eigentlich für sich sprechen. Es bedürfe keiner Gebrauchsanweisung, meint sein Eigner. Die Zeiten ändern sich.
Im Zentrum des Blütenstandes ruht das Kreuz. Schwarz. Der gehängte Gottessohn wird den Christen zum Aufhänger ihres geretteten Lebens. Weil einer unschuldig die Schuld aller anderen mit dem Tode bezahlte, haben alle anderen das unverdiente Glück, mit unverlierbarem Leben davonzukommen. Verstehen kann man das nicht. Nur glauben. Darum ist und bleibt seliger Glaube reine Herzenssache. Dass wir darauf vertrauen, was von Gott ausgeht. Das Kreuz liegt ins Herz gebettet. Rot zeigt die Leidenschaft an.
Diese Mitte wird von fünf voll geöffneten Blütenblättern umgeben. Strahlend weiß. Wie Taufkleider. Was für ein Kontrast. Luther bekennt: »Weiß ist die Farbe der Geister und aller Engel Farbe.« Freude, Trost und Friede wollen sich hell leuchtend erheben, gleich der glänzenden Mittagssonne. Glaube bleibt Vertrauenssache. So wie sich die Lutherrosenblüte ihrem Betrachter öffnet, begegnet ihm Gottes Liebe. Darum geht dieses herrliche Blühen im blauen Himmel auf. Dass seine unendliche Weite, die uns auf Erden berührt, zeige, wohin wir gehören. Des Herrn sind wir, der Himmel und Erde gemacht hat. Ihm verdanken wir, den Tod nicht fürchten zu müssen. Das Ganze nun wird von einem goldenen Ring umschlossen. Martin Luther erklärt: »Um ein solch Feld einen goldenen Ring, dass solche Seligkeit im Himmel währet und kein Ende hat und auch köstlich ist über alle Freude und Güter …«
Kurprinz Johann Friedrich überreichte auf der Veste Coburg dem Festgehaltenen und im Reich Geächteten diesen Siegelring. Ein Goldrand umschließt den kostbaren Schatz. Gott hat den Gekreuzigten dem Menschen ins Herz gelegt. Das daraus folgende Privileg gleicht dem Gold, das »… das edelste, köstlichste Erz ist«. Der Bergmannssohn weiß, welchen Vergleich er hier bemüht.
Man trifft in zahlreichen Kirchen auf dieses Zeichen des befreiten Menschen. Die Lutherrose blüht in Glasfenstern, entfaltet sich in Deckengewölben, auch in manchen Stadtwappen. In einigen Wochen wird vom Bundesfinanzministerium eine Goldmünze mit der Lutherrose darauf herausgegeben. Im Jubiläumsjahr steigt ihre Präsenz. Vielleicht besitzen Sie eine Tasse mit diesem »Merkzeichen« darauf. Sie könnten es auch auf einem Brieföffner oder Schlüsselanhänger finden. Sogar als Einkaufschip. Ehe aber Aufregung darüber entstehen könnte, ob solche Vermarktung angemessen sei oder nicht, mag uns die Botschaft dieses Zeichens aus der Ruhe bringen. Du bist der geliebte Mensch. Um Christi Willen. Symbole haben es in sich.
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