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Seht, welch ein Mensch

Foto: Studio Kirsch, Lutherstadt Wittenberg«

Von Alf Christophersen

Otto Dix war ein hochpolitischer Künstler, der seine Umwelt kritisch spiegelte und ihre Abgründe offenlegte. Die Fragilität menschlichen Lebens trat ihm im Ersten Weltkrieg in aller Schonungslosigkeit vor Augen. In Dresden war er dann Professor an der Kunstakademie, wurde aber im April 1933 entlassen. Seine Arbeiten galten als »entartete Kunst«, wurden entsprechend zur Schau gestellt und schließlich aus den Museen verbannt.
Dix wählte den Weg »innerer Emigration« und wandte sich in den Tiefen kunsthistorischer Welten sogar altmeisterlichen Traditionen zu. Es wurde eher still um ihn, bis in die 1960er-Jahre hinein. Seine Bezüge auf biblische Motivkreise sorgten in der DDR-Rezeption durchaus für Verunsicherung. Doch fand er gerade in diesem Fundus des Menschheitsgedächtnisses Möglichkeiten, sich subtil mit den historischen, politischen und gesellschaftlichen Widerfahrnissen auseinanderzusetzen. Im »Ecce Homo« von 1949 verdichtet sich die Zeiterfahrung, kommen die Schrecken des 20. Jahrhunderts zum Stillstand. »Sehet, welch ein Mensch« (Johannes 19,5), sagte Pontius Pilatus und verwies auf den Sohn Gottes, der die Welt erlösen soll.
Er erscheint vollkommen erniedrigt und wird gerade darin seiner Bestimmung gerecht. Die Augen sind geschlossen, der Kopf gesenkt, es dominieren die Farben Schwarz, Grau und Rot.
Trotz aller Abgeschlossenheit des Bildes kann sich der Betrachter doch kaum dem Eindruck entziehen, auch in seiner eigenen Existenz angesprochen zu sein.

In dieser Ausgabe starten wir eine Serie von Bildbetrachtungen, die uns durch die Passionszeit begleitet. Zum Auftakt: Otto Dix, Ecce Homo, 1949, Farblithografie, VG Bild-Kunst, Bonn 2015

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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