»Hier bleibe ich keine 14 Tage«
Porträt: Axel Kramme, Rektor der Stiftung Sophienhaus
Von Sabine Kuschel
Es ist ein trüber, nebeliger Novembertag 1975, an dem Axel Kramme das erste Mal – damals als Krankenpflegeschüler – das Weimarer Sophienstift betritt. Als er den dunklen, spärlich beleuchteten Gang entlanggeht, denkt er: »Hier bleibe ich keine 14 Tage.« Doch aus den 14 Tagen sind inzwischen 42 Jahre geworden. In dem Raum, in dem er einst als Krankenpflegeschüler begann, sitzt er noch heute – als Rektor und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Sophienhaus Weimar, 1875 gegründet.
Die verzweigte Einrichtung ist nicht leicht zu überschauen. Der Rektor erklärt: »Die Stiftung hat zwei Töchter, das Sophien- und Hufelandklinikum und die Diakoniestiftung Weimar Bad Lobenstein.« Die Diakoniestiftung Weimar Bad Lobenstein besteht seit 2009. Sie zählt zu den größten Diakonieträgern in Thüringen. Mehr als 120 Einrichtungen bieten »alle Dienste von der Wiege bis zur Bahre«, wie es Kramme umschreibt, also zu ihr gehören unter anderem Kindertagesstätten, Werkstätten für Menschen mit Behinderung, Schulen und Altenheime. Partner der Stiftung Sophienhaus Weimar sind die Evangelische Stiftung Christophorushof in Altengesees, das Michaelisstift Gefell und die Diakonie Stetten.
Die Stiftung Sophienhaus Weimar ist eine anerkannte diakonische Einrichtung, ein großes Unternehmen. »An dieser Entwicklung hat Axel Kramme großen Anteil«, betont Henrich Herbst, Superintendent im Kirchenkreis Weimar. Anerkennenswert sei, dass aus dem Sophienhaus ein modernes Versorgungskrankenhaus geworden ist, das größte konfessionelle in Thüringen, so Herbst. In der Diakoniestiftung Weimar Bad Lobenstein sind 2 200 Mitarbeiter beschäftigt, im Krankenhaus arbeiten etwa 1 000 Menschen.
Die Geschichte der Stiftung Sophienhaus ist eine von Wachstum und Expansion, die Axel Kramme maßgeblich mitgestaltet hat. Ein Meilenstein war 1998 die Zusammenführung des städtischen und diakonischen Krankenhauses in Weimar, bei der es galt, unterschiedliche Kulturen miteinander zu verbinden. Einige Jahre später jedoch verkauft die Stadt ihre Anteile und steigt aus dem Projekt Krankenhaus aus. Um das Haus als evangelisches weiterführen zu können, wird das Marienstift Arnstadt zu 50 Prozent Mitinhaber. Auf dem Gelände des Sophienhauses entstehen ein Altenhilfezentrum und eine Schule für geistig behinderte Kinder, die Johannes-Landenberger-Schule.
Axel Kramme ist 1957 in Friedrichroda geboren. Im Jugendalter prophezeite ihm ein Theologe, dass er später Pfarrer würde. Damals denkt Kramme: »Der spinnt.« Er wird Diakon. Bei diesem Beruf schwebt ihm ein Mann vor, der mit Gitarre, langhaarig und Pfeife rauchend unterwegs ist – ein Gegenbild zur FDJ. Voraussetzung für die Diakonenausbildung ist ein »handfester« Beruf, also entscheidet er sich für die Krankenpflege. Weil er den Wehrdienst verweigert, kommt er im Herbst 1975 an das evangelische Sophienhaus Weimar. Nach der Krankenpflegerausbildung leistet er Wehrersatzdienst als Bausoldat, danach studiert er an der Predigerschule in Erfurt Theologie. Nach einer kurzen Station im Pfarramt kehrt er zurück ins Sophienhaus. Seit 1996 ist er Rektor und Vorstandsvorsitzender.
»Es gab immer Menschen, die es mir zugetraut haben, eine größere Aufgabe zu übernehmen«, sagt er. Und an jeder Entwicklungsstufe habe er vor dem »Kairos« gestanden, dem günstigen Zeitpunkt für Entscheidungen. Als Leiter eines großen Unternehmens gibt es viele Entscheidungen zu treffen. Zugute komme ihm in dieser Position, dass er sehr lange und mit viel Geduld zuhören und schweigen könne. Irgendwann ist es dann Zeit, auf den Punkt zu kommen. Er schätzt sich als entscheidungsfreudig ein, nach entsprechender Bedenkzeit zögert er nicht, Entscheidungen zu treffen und umzusetzen.
Fehlentscheidungen? Gibt es nach seinen Worten. Geht es ums Personal, sei es nicht immer leicht, die richtige Wahl zu treffen. Wenn sich jedoch herausstellt, dass eine Stelle falsch besetzt wurde, bemühe er sich konsequent, den Schritt rückgängig zu machen.
Was sind die Herausforderungen der nächsten Jahre? Der Geist der diakonischen, der christlichen Einrichtung soll spürbar bleiben. Bei den Mitarbeitern, die keinen kirchlichen Hintergrund haben, gehe es nicht darum, zu missionieren, wohl aber, ihnen die christlichen Grundlagen und Werte nahezubringen. Unabhängig davon, ob sie der Kirche beitreten oder nicht, »sollen sie positive Erfahrungen mit dem Christentum machen«.
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