Wir verkaufen nichts
Kirchenland: Keine Spekulationsmasse
In Thüringen wechselten im vergangenen Jahr für 55 Millionen Euro landwirtschaftliche Flächen den Eigentümer. Einer der größten Flächenbesitzer – die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) – hält sich aus diesem Geschäft völlig heraus. Warum, erklärt der für Finanzen zuständige Oberkirchenrat Stefan Große im Gespräch mit Dirk Löhr:
Mit wie viel Acker, Wiese oder Wald hat die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland im vergangenen Jahr gehandelt?
Große: Weder Landwirtschafts- noch Forstflächen wurden und werden verkauft. Das entspricht dem kirchlichen historischen Erhaltungsgebot. Wenn ausnahmsweise Eigentumsveräußerungen kirchlicher Flächen unvermeidlich sind, etwa für den Verkehrswegebau, ist die Kirche in der Regel nur dann dazu bereit, wenn adäquate Ersatzflächen, quasi im Tausch, zur Verfügung gestellt werden. Der Grundstücksbestand wird auf diese Weise entsprechend der historischen Verpflichtung auf Dauer erhalten. So bleibt es bei den insgesamt 70 000 Hektar Acker- und Grünland im Besitz der EKM. Der größte Teil davon liegt in Sachsen-Anhalt. In Thüringen sind es rund 18 000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche.
Wie werden die Flächen genutzt?
Große: Kirchenland wird ausschließlich verpachtet. Die Quote liegt bei etwa 98 Prozent. Nicht zu verpachtende Flächenanteile ergeben sich zum Beispiel aufgrund ihrer Lage in geschützten Gebieten, wo eine landwirtschaftliche Nutzung ausgeschlossen ist. Eine Eigenbewirtschaftung kirchlicher Flächen, etwa in der Form eines kirchlichen Landwirtschaftsbetriebes, findet nicht statt.
Wer bekommt Kirchenland?
Große: Wir müssen aus eigenen Mitteln Gebäudeunterhalt und Verkündigung – also unsere Pfarrer – finanzieren. Um zugleich den ländlichen Raum zu stärken, hat die EKM für die Verpachtung der kircheneigenen Landwirtschaftsflächen ein offenes und transparentes Pachtvergabeverfahren entwickelt. Dafür erhielt sie 2015 übrigens den 1. Preis beim Wettbewerb »BodenWertSchätzen« der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und des Rates für Nachhaltigkeit. Der Pächter wird in einem kirchlichen Auswahlverfahren ermittelt. Die kirchlichen Standards gehen dabei über die gesetzlichen Vorgaben hinaus: Nur wer kein gentechnisch verändertes Saatgut in seinem Betrieb verwendet und auf die Ausbringung von Fäkal- und Klärschlamm verzichtet, kann kirchlicher Pächter werden. Darüber hinaus spielen Ortsansässigkeit, Kirchenzugehörigkeit, Pachtpreisangebot, aber auch die Zahl der Beschäftigten und das kirchliche Engagement eine Rolle. (epd)
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