Kirche braucht unabhängigen Journalismus
Es ist eine große Qualität von Medien, dass sie dabei helfen, uns ein Bild der Wirklichkeit zu machen. Sie ermöglichen in Information und Orientierung, Austausch und Diskurs echte Kommunikation.
Von Reinhard Kardinal Marx
Und Medien bestimmen wesentlich den Stil des Miteinanders in einer Gesellschaft. Kommunikation ist ein Ausdruck des Menschseins. Sie gründet in unserer Beziehung zu anderen Menschen und ist die Grundlage von Gesellschaft. In unserer Gesellschaft tragen die Medien entscheidend zu einer gelingenden öffentlichen Kommunikation bei, denn sofern alle Beteiligen gleichberechtigt am Austausch von Argumenten teilhaben können, können wir zu einer Verständigung und Entscheidungsfindungen darüber gelangen, wie wir miteinander leben wollen.
Die Verwirklichung dieses Ideals von Kommunikation trägt dazu bei, in einer Gesellschaft wieder zusammenzufinden und zusammenzuhalten. Deshalb schätzt die Kirche die Bedeutung von gutem, freiem und pluralem Journalismus. Wir treten für Teilhabegerechtigkeit in der digitalen Medienwelt ein. Wir stärken die Fragen nach Sinn, Solidarität und Verantwortung als Bewertungs- und Deutungskriterien von Bewegtbild- und Audioformaten. Und es ist für die Kirche ein wichtiges Anliegen, sich für Medienkompetenz und Medienbildung zu engagieren.
Für Nutzer können Medien auch die Chance bieten, ein Kommunikationsweg zu anderen Menschen zu sein. Medien existieren nicht für sich selbst, sondern Medien sind für den Menschen da. Sie können denen eine Stimme geben, die keine Stimme haben; durch Medien können wir andere Menschen und Perspektiven wahrnehmen, und sie weiten im Idealfall den eigenen Horizont. Menschlicher Fortschritt geschieht auch durch Medien und Kommunikation.
"In unserer Gesellschaft tragen die Medien entscheidend zu einer gelingenden öffentlichen Kommunikation bei"
Das Wesen des Menschen liegt in der Freiheit begründet. Es gehört dazu, die Frage nach Wahrheit zu stellen, sich einbringen zu können, zu handeln und Gesellschaft mitzugestalten. Die Fähigkeit zur Reflexion, ethische Folgerungen ziehen zu können und darüber in Austausch zu treten, zu kommunizieren, unterscheidet uns wesentlich von Künstlicher Intelligenz (KI). Durch die faszinierenden Entwicklungen der KI erleben wir derzeit epochale Veränderungen auch in der medialen Kommunikation. Die Chancen dieser Transformation liegen darin, dass sich durch KI neue Wege des Verstehens und der Kommunikationsassistenz eröffnen können.
Doch auch die Herausforderungen sind gegeben: die Simulation von menschlicher Intelligenz und Kommunikation kritisch zu reflektieren, den Beitrag zur menschlichen Freiheit als Kriterium aufrechtzuerhalten und die Frage nach der Authentizität von Kommunikation zu stellen. Aus der Veränderung der Kommunikationswege und -instrumente folgen ethische Fragen, weil auch hier alle Beteiligten, Menschen und Schöpfung, in den Blick zu nehmen sind: Welche Folgen hat der zunehmende Energiebedarf digitaler Kommunikation für den Klimaschutz? Wie gehen wir damit um, dass durch KI bestimmte Arbeitsplätze und Berufsfelder verloren gehen? Wie schützen wir Daten und Rechte und letztlich die Würde des Menschen?
Es liegt in unserer Verantwortung, unserer Haltung in der heutigen Welt Ausdruck zu geben und menschlich zu kommunizieren – im wesentlichen Sinne. Davon hängt auch das Gelingen unserer Demokratie ab.
Der Autor ist Erzbischof der Diözese München-Freising und Vorsitzender der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz.
Autor:Online-Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.