Hilferufe von KZ-Überlebenden
Krieg überschattet Gedenken in Buchenwald
Weimar (epd) - Insgesamt 16 ehemalige Häftlinge aus zehn Ländern werden am zweiten April-Wochenende zu den Gedenkveranstaltungen zum 77. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald bei Weimar erwartet. Dabei überschatte das aktuelle Kriegsgeschehen in der Ukraine das geplante Programm, sagte der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner. Neben den KZ-Überleben Naftali Fürst aus Israel und Vasile Nussbaum aus Rumänien würden bei der Gedenkfeier auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) das Wort ergreifen.
Bei der Stiftung seien inzwischen zahlreiche Hilferufe von KZ-Überlebenden aus der Ukraine eingegangen. In einem Verbund von 30 Gedenkstätten versuche auch Buchenwald zu helfen, sagte Wagner. Er erinnerte an den ehemaligen Häftling Boris Romantschenko, der am 18. März im Alter von 96 Jahren bei einem russischen Luftangriff auf Charkiw getötet worden war.
Offizielle Vertreter von Russland und von Belarus seien bei der Gedenkfeier in diesem Jahr nicht willkommen. „Unser Vorgehen richtet sich nicht gegen die beiden Länder, sondern zielgerichtet gegen die beiden Regierungen, die Kriegsverbrechen in der Ukraine zumindest dulden“, sagte Wagner. Für die Opfer aus Russland und Belarus würden in diesem Jahr Vertreter und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft Kränze niederlegen.
Im KZ Buchenwald waren in der NS-Zeit etwa 280.000 Menschen inhaftiert, mehr als 56.000 Menschen kamen ums Leben. Nur rund 20.000 Häftlinge erlebten die Befreiung am 11. April 1945.
Hintergrund
Schoah-Überlebende aus der Ukraine werden evakuiert
Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) und die Jewish Claims Conference (JCC) haben seit dem Wochenende 25 Schoah-Überlebende aus der Ukraine evakuiert.
Weitere 20 befänden sich auf dem Weg in die Bundesrepublik, sagte die ZWST-Referentin Laura Cazes. Darüber hinaus seien bereits zehn Überlebende mit Hilfe von Evakuierungsbussen der ZWST aus Moldau nach Deutschland gekommen.Die Menschen stammten aus der gesamten Ukraine, teils auch aus den schwer umkämpften Gebieten, berichtete Cazes. Einige würden von Angehörigen begleitet, andere hätten auch Angehörige in Deutschland.
Manche Überlebende seien noch verhältnismäßig rüstig, andere hochbetagt, schwer vorerkrankt und bettlägerig. Bei einigen habe sich der Gesundheitszustand wegen der Unterversorgung und dem Verbleib in Kellern und Schutzräumen verschlechtert.Die Geretteten seien zunächst in jüdischen Altenpflegeeinrichtungen untergebracht worden. Da dort die Kapazitäten bereits ausgeschöpft seien, auch durch auf anderen Wegen Geflüchtete, habe die ZWST Angebote der Sozialverbände Caritas, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt, des Deutschen Roten Kreuz und dem Paritätischem angenommen, Plätze in Heimen in Anspruch zu nehmen. Die Evakuierten seien bereits in Einrichtungen in Köln, Düsseldorf, Frankfurt am Main, München, Nürnberg, Würzburg und Berlin untergekommen.
Aktuell leben laut Claims Conference noch rund 400 Schoah-Überlebende in der Ukraine, die nicht aus eigener Kraft die Flucht antreten können.
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
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