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Schröders «Reformationsfenster»
Rechtsstreit geht in neue Runde

Blickpunkt: Der Entwurf von Künstler Markus Lüpertz für das 13 Meter hohe Buntglasfenster zeigt Motive der Reformation. | Foto: Foto:epd-bild/Jens Schulze
  • Blickpunkt: Der Entwurf von Künstler Markus Lüpertz für das 13 Meter hohe Buntglasfenster zeigt Motive der Reformation.
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Eine große weiße Figur, ein Tintenfass und fünf schwarze Fliegen: Mit seiner eigenwilligen Interpretation des Reformators Martin Luther sorgt der Künstler Markus Lüpertz seit zweieinhalb Jahren für kontroverse Diskussionen in Hannover und weit darüber hinaus.

Von Michael Grau

Angeregt von Altbundeskanzler Gerhard Schröder hat er die Reformation, so wie er sie sieht, in Buntglas gesetzt. Schröder hat als Ehrenbürger von Hannover der evangelischen Marktkirche das Kunstwerk geschenkt – zur Erinnerung an das 500. Reformationsjubiläum 2017. Doch während sich die Kirche begeistert zeigte, liefen andere Sturm dagegen – unter ihnen der Architekten-Erbe Georg Bissen, der den Einbau des 13 Meter hohen Fensters verhindern wollte.

Nachdem das Landgericht Hannover Bissens Klage, die sich auf das Urheberrecht seines Stiefvaters Dieter Oesterlen (1911–1994) stützte, zunächst zurückgewiesen hatte, geht der Rechtsstreit nun in eine neue Runde. Bissens Anwalt Frank Meier hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Das Landgericht hatte die Installation Mitte Dezember in erster Instanz erlaubt (AZ: 18 O 74/19). Meier sagte, er sehe nach einer ersten Prüfung des Urteils gute Gründe für eine Berufung beim Oberlandesgericht Celle. Sein Mandant hatte geltend gemacht, das Buntglasfenster passe nicht in die spätgotische Kirche und beeinträchtige die Optik des schlichten Kirchenraums. Georg Bissen hält die Urheberrechte am Werk seines Stiefvaters Dieter Oesterlen (1911-1994), nach dessen Plänen die im Krieg zerstörte Kirche nach 1946 wiederaufgebaut und neu gestaltet worden war. Das Landgericht hatte entschieden, dass ein Eingriff ins Urheberrecht in diesem Fall gerechtfertigt werden könne. Die Marktkirche sei als «Gebrauchskunstwerk» einzustufen, das nicht unveränderlich bleiben müsse wie ein Denkmal. Die Richter stützten sich dabei auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und die Religionsfreiheit.

Bissen hatte argumentiert, sein Stiefvater habe die Kirche beim Wiederaufbau bewusst in schlichter Optik gestaltet. Das moderne Buntglasfenster passe nicht in die Kirche und verändere sie zu stark. Die Richter gaben ihm teilweise recht, kamen aber zu einem anderen Ergebnis: Das neue Fenster verändere ohne Zweifel den Lichteinfall und die Blickachsen. Doch die roten Backsteinwände und der Fußboden blieben unberührt. Betroffen sei nur eine von vier Seiten und nur eines von mehreren Fenstern. Zudem seien mit einer Orgel und einer Skulptur bereits zuvor neue Kunstwerke in die Kirche aufgenommen worden, ohne dass diese Stilbrüche dem Raum geschadet hätten.

Und schließlich habe Oesterlen alle Elemente, die er beim Wiederaufbau der Kirche genutzt habe, bereits vorgefunden und somit nichts wirklich Neues geschaffen. Der Kirche müsse zugestanden werden, ihre Lehren nicht nur über das Wort zu verbreiten, sondern auch durch Kunst oder Musik, betonte Wildhagen: «Es geht darum, alle Sinne des Menschen anzusprechen.» Das Kunstwerk zeige auch einen Wandel des Lutherbildes: von einem in Stein gemeißelten Helden zu einer zweifelnden und fragenden Person: «Es hat nichts Heroisches, sondern gibt viel Anlass zum Nachdenken.»

Die Marktkirche hatte die Herstellung des Fensters bereits vor einigen Monaten bei der Glasmanufaktur Derix im hessischen Taunusstein in Auftrag gegeben. Es ist schon halb fertig. Die bisherigen Kosten hat Schröder nach Angaben der Marktkirche beglichen. Insgesamt werden sie auf rund 150 000 Euro geschätzt – der Altkanzler, ein Freund von Markus Lüpertz, will dafür Vortragshonorare weitergeben. Der Vorstand der Marktkirche begrüßt das Urteil. «Es kann wegweisend für vergleichbare Fälle sein», sagt der Vorsitzende Reinhard Scheibe. Bissen kann jedoch innerhalb von vier Wochen Berufung einlegen.

Die fünf großen schwarzen Fliegen, die auf dem Fensterbild herumkrabbeln, stehen aus Sicht von Lüpertz für das Böse und die Vergänglichkeit. Der Künstler, der protestantisch aufwuchs und später zur katholischen Kirche konvertierte, will mit seinem Werk den Kampf gegen das Böse symbolisieren, von dem der Mensch aus Sicht des Reformators ständig umgeben sei. Deshalb setzt er auch andere Symbole hinzu: ein Gerippe, Schriftspuren und kräftige Farben. Die Markt-kirche will das Bild einbauen lassen. Pastorin Hanna Kreisel-Liebermann ist sich sicher: «Das Fenster wird ein touristischer Magnet für Hannover werden.»

(epd)

Autor:

Online-Redaktion

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