Standort im Naumburger Dom nicht genehmigt
Altar stört Welterbe
Der Naumburger Dom hat wieder einen vollständigen Marienaltar. Fast 500 Jahre nach der gewaltsamen Zerstörung der Mariendarstellung in der Mitte des Kunstwerks von Lucas Cranach dem Älteren wurden die beiden originalen Altarflügel nun durch ein neues Mittelteil sowie eine Predella ergänzt. Das neue Bild wurde von dem Leipziger Künstler Michael Triegel geschaffen.
Von Willi Wild
"Kein anderer Altar der Jetztzeit jedoch springt derart furios durch die Epochen und aktualisiert Vergangenheit in der Gegenwart. Es ist, als hätte der Kirchenvater Augustinus mit der Einstein-haften Hinterfragung ›Was ist Zeit?‹ im elften Buch seiner ›Confessiones‹ dem Maler Triegel permanent über die Schulter eingeflüstert", schreibt Stefan Trinks in der FAZ. Mit dem Altarretabel gewinne der Westchor seinen liturgischen Mittelpunkt zurück, sagen die Domstifter.
Die Denkmalpflege Sachsen-Anhalt und die Beratungsgesellschaft der Unesco sehen das anders. Die künstlerische Qualität des Altarretabels, so das Kulturministerium, beruhe zunächst auf den Seitenflügeln von Lucas Cranach d. Ä. Das neue Mittelteil, das mit Landesmitteln gefördert wurde, rege inhaltlich und künstlerisch zur Diskussion an. Allerdings erfolgte die Aufstellung des Altars im Westchor des Doms durch die Vereinigten Domstifter, ohne eine Stellungnahme von Icomos International, die die Verträglichkeit von Maßnahmen in Welterbestätten prüfen, behauptet das Kulturministerium.
"Ich hoffe, dass die eingetretene Situation zu heilen ist"
In einer Icomos-Stellungnahme vom 28. Juni werde ausgeführt, dass eine Aufstellung des Altars im Westchor eine "beträchtliche Auswirkung auf die wesentlichen Merkmale des Welterbes Naumburger Dom" habe.
Icomos regte daher an, eine andere Lösung zu suchen. Was unlogisch erscheint, da auf dem Steinsockel lediglich der nun vervollständigte alte Altar am ursprünglichen Ort wieder entstand. Zudem zeigt die Rückseite des Mittelteils die Perspektive des Westchores und könnte somit keinen besseren Platz im Dom finden.
Kulturminister Rainer Robra teilte der Kirchenzeitung auf Nachfrage mit, dass er sich gewünscht hätte, dass eine Entscheidung der Domstifter zur Aufstellung des Altarretabels erst in Kenntnis einer Icomos-Stellungnahme getroffen worden wäre: "Ich hoffe, dass die eingetretene Situation zu heilen ist."
Das Kunstwerk soll zunächst bis zum 4. Dezember im Westchor der Kirche gezeigt werden. Danach müsse ein geeigneter Standort gesucht werden, hieß es. Der Dom gehört seit 2018 zum Unesco-Weltkulturerbe.
Autor:Online-Redaktion |
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