Radwegekirche eröffnet
Zur Pause in die Peterskirche
"Die Radfahrer sollen nicht nur zu uns kommen, um sich unsere Kirche als Touristen anzusehen. Sie sollen hier geistlich auftanken können", sagt Pfarrer Thomas Volkmann. Die Peterskirche in Tiefenort ist seit dieser Saison Radwegekirche – die erste im Kirchenkreis Bad Salzungen-Dermbach und die einzige im gesamten Wartburgkreis.
Von Beatrix Heinrichs
Die Eröffnung sollte eigentlich im April mit einem Gottesdienst gefeiert werden. Dieser musste aber auf das nächste Jahr verschoben werden. „Obwohl uns Corona ausgebremst hat, ist die Radwegekirche bisher gut angenommen worden“, berichtet Volkmann. Im Gästebuch, das in der Peterskirche ausliegt, hätten sich schon zahlreiche Radfahrer vor allem aus Süddeutschland eingetragen, auch ein Schweizer Biker habe in der Thüringer Kirche Rast gemacht.
Durch Tiefenort, gelegen zwischen Rhön und Thüringer Wald, führt der 300 Kilometer lange Werratal-Radweg, der bei Familien wie Tourenradlern gleichermaßen beliebt ist. „Die Strecke ist viel befahren, und auch an der Peterskirche haben immer wieder Radler Halt gemacht. Wir wollten die Leute einfach nicht vor verschlossener Tür stehen lassen“, erklärt der Pfarrer die Initiative. Nun erwartet die Besucher nicht nur ein offenes Gotteshaus, sondern auch ein eigens konzipierter Kirchenführer sowie spiritueller Lesestoff zum Innehalten. Auch die Möglichkeit, Kerzen zu entzünden und eine Gebetswand gibt es. Hier können die Radler ihre Gebetsanliegen hinterlassen, die dann vom Pfarrer und den Kirchenältesten regelmäßig vor Gott gebracht werden. Die Idee, die Kirche für Fahrradtouristen zu öffnen, hatte Pfarrer Volkmann aus seinem vorherigen Wirkungsort im Kirchenkreis Rudolstadt-Saalfeld mitgebracht, wo er 2010 die Eröffnung der Radwegekirche in Schwarzburg begleitet hatte.
Bereits im Mittelalter dienten Kapellen und Kreuze am Wegesrand den Wandernden als Orte des Gebets und der Besinnung. Heute laden deutschlandweit 350 Kirchen zur Rast ein, 60 davon in Mitteldeutschland. Von Ostern bis zum Reformationstag bieten sie an mindestens fünf Tagen in der Woche einen Ort der Ruhe. Radwegekirchen gibt es seit 20 Jahren. Die Erste war die Johanniskirche im thüringischen Reinhardsbrunn in der Nähe des Radwegs «Thüringer Städtekette». Man habe dort frühzeitig erkannt, «dass viele Menschen in der Freizeit Orte des Innehaltens suchen», sagt Georg Hofmeister, Leiter der Akademie des Versicherers im Raum der Kirchen in Kassel. Die Akademie hilft dabei, das Netz der Radwegekirchen auszubauen. Die Evangelische Kirche in Deutschland verleiht seit 2009 ein Signet, das aus einem Radfahrer und einer Kirche auf einem grünen Grund besteht. Es zeigt dem Vorbeikommenden entlang von mehr als 140 Radwegen in ganz Deutschland an, dass es sich um eine verlässlich geöffnete Kirche handelt.
Ohne ehrenamtliches Engagement sei ein solches Projekt in einer Gemeinde jedoch gar nicht realisierbar, gibt Pfarrer Thomas Volkmann zu bedenken. In Tiefenort engagieren sich insgesamt 15 Gemeindemitglieder für die Radwegekirche, halten Kirche und Außenanlagen in Ordnung und organisieren die Schließdienste. Lohn für die Mühen sind die guten Gespräche mit den Reisenden, weiß Volkmann. „Der Kirchbau ist meist das erste Thema, über das man ins Gespräch kommt. Bald aber erfährt man mehr von den Menschen, was sie zu ihrer Tour bewogen hat, was sie treibt.“ Für die Tiefenorter Radwegekirche wünsche er sich, sagt der Pfarrer, dass die Gastfreundschaft der Kirchengemeinde erlebbar wird. „Die Menschen sollen erfahren, dass Kirche nicht nur an diesem einen Ort, in diesem einen Augenblick der Reise für sie offensteht, sondern immer. Vielleicht erfüllt sie diese Erfahrung auch noch, wenn sie zurück zu Hause sind."
Autor:Beatrix Heinrichs |
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