Missbrauchsaufarbeitung
Kirchen können Vorbild sein

Foto: epd-bild/Norbert Neetz

Freiburg (epd). Die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in den Kirchen kann aus Sicht renommierter evangelischer Theologen ein Vorbild für andere Einrichtungen sein. Dafür müssten seitens der Kirchen jedoch zunächst vier Ziele umgesetzt werden, heißt es in einem Beitrag des Kulturbeauftragten der Evangelischen Kirche in Deutschland, Johann Hinrich Claussen, und der Professoren Reiner Anselm, Harry Oelke und Thomas Zippert für die «Herder Korrespondenz» (Februar). Man müsse Betroffenen gerechter werden, und die kirchlichen Institutionen müssten sich verändern. Es brauche einen «Kulturwandel», der für Machtmissbrauch sensibilisiert. Betroffene und Gefährdete sowie Zeugen müssten zudem ermächtigt werden, «sich zu wehren».

«Sollte all dies auch nur halbwegs gelingen, hätten die kirchlichen Anstrengungen bei der Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt auch einen Nutzen für die Gesellschaft», heißt es weiter. Das gelte besonders für Institutionen, die mit «einer eigenen Aufarbeitung noch nicht angefangen haben, obwohl es auch in ihnen problematische Verbindungen von Nähe und Macht, Vertrauen und Abhängigkeit gibt».

«Es geht bei sexualisierter Gewalt primär um Macht. Auch deshalb befassen sich die Kirchen mittlerweile mit diesem Thema: Sie sind bei Weitem nicht mehr so mächtig wie früher», schreiben Claussen, Anselm und Oelke sowie Zippert. Dort liege auch ein Grund dafür, «warum es etwa an staatlichen Schulen bisher keine Aufarbeitung gibt». Nur einzelne Bundesländer stellten sich bisher der Herausforderung. «Man hat den Eindruck, dass die staatlichen Schulen noch auf dem Diskussionsstand sind, den die Kirchen 2010 langsam hinter sich zu lassen begonnen haben.»

Aufarbeitung hänge maßgeblich davon ab, dass Betroffene sich zu Wort melden und ihr Recht einklagen, konstatieren die vier namhaften Theologen: «Man würde sich wünschen, dass Institutionen von sich aus aktiv werden würden, doch herrschen üblicherweise Ignoranz, Trägheit, Verwicklung, Feigheit und Scham vor.» Deshalb brauche es immer zuerst die Betroffenen, die die Initiative ergreifen.

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Online-Redaktion

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