»Eine Einheitskirche fände ich langweilig«
Die Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, im Gepräch mit Thomas Schiller
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Welche Zwischenbilanz ziehen Sie zum Reformationsjubiläum?
Käßmann: Wir sind sehr gut ins Jubiläumsjahr gestartet: mit dem Eröffnungsgottesdienst, mit der Verleihung der Luthermedaille an Kardinal Lehmann als ökumenisches Symbol, mit dem Empfang durch den Bundespräsidenten. Seitdem fährt auch der Reformations-Truck durch Europa. Zwei Punkte werden so schon jetzt klar: Dieses Mal wird international und nicht deutschnational gefeiert; nicht konfessionalistisch, sondern ökumenisch.
Zahlreiche Ereignisse standen im Zeichen der evangelisch-katholischen Ökumene – es gibt erste kritische Stimmen.
Käßmann: Es wird darum gehen, die richtige Balance zu finden zwischen ökumenischer Ausrichtung einerseits und klarer evangelischer Grundhaltung andererseits. Die bleibenden Differenzen mit der römisch-katholischen Kirche können nicht geleugnet werden: Das Papsttum, die Marienverehrung, das Verständnis von Kirche, Amt und Abendmahl – das bleiben Differenzen.
Empfinden Sie das als Defizit?
Käßmann: Ich persönlich finde das gar nicht defizitär, in der konfessionellen Differenz liegt auch eine kreative Kraft. Eine Einheitskirche fände ich genauso langweilig wie eine Einheitspartei.
Was kommt nach dem Reformationstag? Es bleiben ja weniger schöne Themen wie Demografie und Mitgliederschwund oder auch eine drohende Verknappung der Kirchensteuern.
Käßmann: Ich hoffe, dass das Reformationsjubiläumsjahr die Grundstim-
mung verändert. Wir werden Besuch bekommen von Christinnen und Christen aus der ganzen Welt, die ganz andere Sorgen haben. Das sollte uns in Deutschland aufrütteln, nicht so viel Angst vor der Zukunft zu haben, sondern zu sagen: Wir werden diese Zukunft als Kirche mutig gestalten.
Wann war das Jubiläumsjahr ein gutes Jahr?
Käßmann: Wenn wir zurückblicken können und sagen: Wir haben die Chance genutzt und in unserem Land sehr bewusst gemacht, was Reformation bedeutet. Zweitens: Wenn historisch gesehen wird, dass das Jubiläum nicht wie in der Vergangenheit nationalistisch-konfessionalistisch, sondern weltoffen und international und ökumenisch gefeiert wurde. Und wenn es drittens eine ermutigte Aufbruchsstimmung erzeugt hat, um aus dem Lamento über die Lage hinauszukommen, in einen Mut zum evangelischen Christsein im 21. Jahrhundert.(epd)
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