Zusehends schwanden ihre Kräfte
ABSCHIED
Wir mussten Abschied nehmen von unserer lieben
Freundin Barbara. Ein langes Sterben war ihr auferlegt.
Zusehends schwanden ihre Kräfte. Am Telefon war sie
wie immer: beredt, belesen. voller Anteilnahme, solange
ihr der Hörer nicht aus der Hand rutschte, und immer
Haltung.
Zuletzt kam sie zum Liegen und konnte nicht mehr schlucken,
liebevoll umsorgt von Mann und Kindern, welche die Haupt-
last der Pflege trugen. Dann, endlich, lange herbeigesehnt,
durfte sie gehen. Es war der 28. Dezember, der "Tag der un-
schuldigen Kindlein", unserer Mutter Geburtstag.
Als wir Abschied nahmen, lag sie im offenen Sarg: sehr fried-
lich und eigenartig fremd. Man hatte sie wohl geschminkt.
Das Bild hat sich eingeprägt. Es war ein guter Abschied, und
wir waren dankbar für Wort und Musik und familiäre Nähe.
Doch das möchte ich festhalten als meinen Willen: Ich
möchte im Tode nicht geschminkt werden, und es reicht,
meine Hände übereinander zu legen.
Autor:Martin Steiger |
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