Das Böse wird zum Schluss besiegt
Puppenspielerin Anne-Christin Jost bringt in ihrer neuesten Inszenierung in origineller Weise das Leben Martin Luthers den Menschen nahe.
Von Rosso di Sera
Wer lässt sich bei den Endvorbereitungen zu einem Theaterstück schon gerne in die Karten schauen? Puppenspielerin Anne-Christin Jost hat damit kein Problem. Sie lädt mich zu einem Besuch in ihre Werkstatt ein.
Während ich mich umschaue, grübelt die Akteurin, wie sie aus einem Pappkarton am besten ein Schreibpult falten kann. »Dann wird es noch holzfarben gestrichen und ein Tintenfass kommt noch oben auf«, resümiert sie heiter. Die Lösung ist gefunden. Wieder ist ein Requisit für das Marionetten-Spiel rund um das Leben und die Botschaft Martin Luthers fast fertig. »Ende des Monats ist Premiere, bis dahin muss alles passen«, erfahre ich. Dann werden 20 Marionetten-Akteure, bewegt von nur zwei Händen, Szenen aus dem Leben des Reformators den Besuchern nahebringen. Alles muss bis zur Aufführung genau durchdacht werden.
Das Textmanuskript gibt es schon lange. Es wurde von Hans-Joachim Köhler verfasst. Der Titel »Gott sei’s gelobt, getrommelt und gepfiffen: Ein feste Burg ist unser Gott!« verspricht viel Spannung. Anne-Christin Jost berichtet, dass das Stück in drei Ebenen spielt. Im Himmel, auf der Erde und in der Hölle. Es gibt Engel und als Gegenspieler Teufel. Sie wollen auf die Gedanken Martins Einfluss nehmen. Am Anfang lernen die Zuschauer Luther als Schuljungen kennen. Später erleben sie ihn bei einem Gewitter auf einem Feld in Stotternheim nahe Erfurt, in Wittenberg, Worms und auf der Wartburg.
»Bei den Vorbereitungen und der Planung habe ich mir immer überlegt, wie sah die Welt zu Zeiten Luthers aus. Wie waren die Menschen gekleidet, wie haben sie sich damals die Hölle vorgestellt. Ich habe in Büchern und im Internet nach Zeichnungen gesucht, um mir ein Bild davon zu machen«, berichtet die Frau, welche den Marionetten Leben einhaucht. Es war ein langer Entstehungsprozess.
Im Sommer 2016 hat sie dann mit der praktischen Umsetzung begonnen. Szene für Szene entstanden die notwendigen Figuren und Requisiten. »Man muss an so vieles denken. Beispielsweise, von welcher Seite welche Puppe in Aktion tritt. Ich stehe ja hinter der Kulisse und muss alles spiegelverkehrt im Kopf haben.«
Die Akteurin ist handwerklich ein wahres Multitalent. Sie malt die Hintergründe, baut Möbel, schneidert die Kleidung, zeigt mir, wie die Hände für die Marionetten entstehen. »Zum Glück kann ich bei den Marionetten auf meinen Fundus zurückgreifen«, betont sie. Und so werden kurzerhand die Heiligen Drei Könige aus dem Weihnachtsprogramm zu Soldaten umgestaltet.
Als nächste Arbeiten stehen die Fertigstellung der gemalten Hintergrundbilder und der letzte Schliff für die Engel auf der Tagesordnung. Während die Kulissen trocknen, geht es zügig bei der Gestaltung der Engel weiter.
Und wie wird der Text umgesetzt? Das ganze Stück über das Leben und Wirken Martin Luthers besteht aus Psalmen, Textergänzungen, Hintergrundmusik und Geräuschen, wie dem Donner während des Gewitters. Letztere kommen vom Band, die Texte werden live gesprochen. »Es ist ein Programm, von Menschen für Menschen. Deshalb muss ich mich nicht starr an das Skript halten. Besonders, wenn ich vor Kindern spielen werde, muss ich reagieren. Auch mal auf Zwischenrufe und Kommentare eingehen«, erläutert mir Anne-Christin Jost ihre Umsetzung des Luther-Stoffes.
Und was ist das Ziel des Marionetten-Luther-Spiels? Puppenspielerin Jost: »Ein Spiel der Marionetten gegen die Angst. Zum Schluss wird das Böse – der Teufel – besiegt. Die Zuschauer sollen verstehen: Gott nimmt die Menschen an, wie sie sind. Gott liebt alle Menschen, auch die mit Fehlern und Schwächen.«
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