Findbücher für Geschichtssucher
Archivtag: Digitalisierung von historischen Dokumenten geht voran
Von Klaus-Dieter Simmen
Egon Luther hat rund 40 Jahre in der Entwicklungsabteilung bei Zeiss in Jena gearbeitet. Seine zweite Leidenschaft, wen wundert’s bei dem Nachnamen, galt schon früh der Ahnenforschung. Viele Stunden brachte er in Kirchenarchiven zu, als Nehmender, wie er sagt. Aber er ist auch ein Gebender geworden, hat sich ganz bewusst dafür entschieden, als Archiv-
pfleger zu arbeiten. Deshalb bringt der Rentner täglich mehr als acht Stunden mit Kirchenbüchern zu. »Sie spiegeln die Geschichte des Ortes, sind wahre Fundgruben für Forscher«, sagt Luther, »doch um die Schätze heben zu können, müssen sie zuvor gesichtet und verzeichnet werden.«
Das gestaltet sich immer schwieriger. Strukturreformen sorgen für beständig wachsende Kirchspiele, deren Archive schwellen entsprechend an. Ohne ehrenamtliche Archivpfleger ist die Aufgabe nicht zu bewältigen. Damit diese auch gut gerüstet sind für ihre Arbeit, gibt es, organisiert vom Gemeindedienst und dem Landeskirchenarchiv Eisenach, turnusmäßig Archivkurse. Der diesjährige führte die Frauen und Männer Anfang Juni in Engelsbach bei Gotha zusammen. Vor einem Vierteljahrhundert von Landeskirchenarchivar Wolfgang Schenk ins Leben gerufen, habe sich die mehrtägige Veranstaltung zum Dauerbrenner entwickelt, sagt die heutige Leiterin des Landeskirchenarchivs, Hannelore Schneider.
Wenn auf der Tagesordnung immer wieder der Punkt Lesen erscheint, bedeutet das nicht, die Teilnehmer ziehen sich mit einem Buch in der Hand zurück. Im Gegenteil, Lesen bedeutet hier, sich gemeinsam Archivtexte zu erarbeiten. Vordergründig geht es darum, alte Aufzeichnungen zu entziffern, doch nicht nur das. Die Texte erzählen von historischen Ereignissen oder Personen. Auch das wird erläutert und ausgewertet. »Wer etwas weiß, gibt es in die Runde«, sagt Schneider.
Das Landeskirchenarchiv in Eisenach geht mit der Zeit, das heißt, die Bestände der einzelnen Archive sind im Internet zu finden, falls sie schon digitalisiert sind. Das kann nicht von heute auf morgen geschehen, doch ein gutes Stück der Arbeit ist bereits erfolgt. »Aufgerufen werden können die sogenannten Findbücher, also das Inhaltsverzeichnis des jeweiligen Archivs«, erläutert die Landesarchivarin. Das ermögliche dem Nutzer, sich die entsprechende Akte vorab herauszusuchen und vorzubestellen. Auch Egon Luther arbeitet an der Digitalisierung von Archiven. »Wo das Kirchspiel nicht mehr in der Lage ist, die Archive zu pflegen, sind diese besser im Landesarchiv aufgehoben. Damit in den Kirchengemeinden trotzdem Anfragen beantwortet werden können, bekommen diese eine digitalisierte Version.«
Die Teilnehmer am Archivtag kamen aus allen Teilen der EKM, wobei die Thüringer die Mehrzahl stellten. Sie beschäftigten sich vornehmlich mit Lesen, aber auch mit Themen wie Kirchenbuchführung in aktuellen und früheren Varianten, mit Aktenverzeichnung an historischen Originalen und mit Methoden der Recherche. Der Dienstag aber war einem Ausflug nach Mühlhausen vorbehalten. Das Programm dort war so eng gestrickt, dass es statt Mittagessen ein Lunchpaket gab, einfach um Zeit zu sparen. Bevor es wieder auf die Heimreise ging, besprachen die Archivpfleger, welche Themen beim Archivtag 2018 im Fokus stehen sollen.
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