Umzüge sind eine Katastrophe besonderer Art
GLÜCKSKIND
Umzüge sind eine Katastrophe besonderer Art. Nicht umsonst heißt es: "Dreimal umgezogen ist wie einmal
abgebrannt!" Im März 1983 ziehen wir von Blankenhain nach Oldisleben. Die Bücher liegen in Kisten, das Porzellan ist gut verpackt, die Garderobe in Körben usw. Die Umzugsfirma kommt, und die Schränke sollen abgebaut werden. Wir haben ein schönes Schlafzimmer, das uns Schwiegermutter Herta geschenkt hat. Der Schlafzimmerschrank besteht aus drei Teilen mit dazu gehörigen Oberteilen. Ein Schrank für die Frau, ein Schrank für den Mann, in der Mitte ein Spiegelschrank, der nicht die Stärke der weiteren Schränke hat. Sein Oberteil hält nur, wenn es mit den anderen Schrankteilen fest verschraubt ist. Ich mache den Möbelpacker darauf aufmerksam, dass nicht einer alleine die Oberteile abbauen darf, weil sonst das mittlere herunterfällt, kann mich aber nicht weiter darum kümmern, da ich gerade an anderer Stelle gebraucht werde. Natürlich macht es dann doch einer alleine, und es kommt, wie es kommen muss. Als der Packer die zweite Schraube löst, saust das Mittelteil herab und schnellt in Richtung Fenster, wobei das Fenster zu Bruch geht. Unmittelbar neben dem Fenster steht das Körbchen mit Beate, die damals noch keine drei Monate alt ist. Wir hatten diesen Platz im Schlafzimmer für den sichersten im ganzen Haus gehalten. Kein Glassplitter liegt im Körbchen. Sie schläft den Schlaf der Gerechten. Nichts ist ihr geschehen, dabei hätte sie glatt erschlagen werden können. GOTT SEI DANK! Der Mann entschuldigt sich nicht einmal. Der weitere Umzug verläuft ohne Zwischenfälle. Auch unsere Freunde Hermann und Antje Schmalfuß aus Bad Berka sind dabei. Sie waren bei allen unseren Umzügen eine große Hilfe! Ein paar Jahre später sitzen wir mit ihnen im Pfarrgarten von Oldisleben. Sie waren
zum Kirschenpflücken gekommen, die es ja dort reichlich gibt. Wir sitzen abschließend bei einer Tasse Kaffee,
und Beate ist auch dabei. Im Garten steht ein kupferner Wasserkessel, den ich immer wieder fülle, damit ich was zum Gießen habe. Beate ist dauernd an diesem Kessel und versucht an seinen Inhalt zu kommen. Wasser hat eine besondere Anziehungskraft auf Kinder. Eigentlich ist der Kessel zu hoch für sie. Aber irgendwie hangelt sie sich dich noch oben, verliert das Gleichgewicht und fällt hinein. Wir haben es gar nicht gleich gemerkt. Doch Antje, die ehemalige Sportlehrerin, ist sofort dort und zieht sie heraus. Auch hier: GOTT SEI DANK! Noch drei weitere Geschichten fallen mir ein: einmal fällt Beate von einem Klettergerüst, weil sie eine Verletzung an einer der Hände hat und nicht richtig zugreifen kann. Sie zieht sich eine Gehirnerschütterung zu und muss ein paar Tage ins Krankenhaus. Ein anderes Mal beim Haschen vor einem Konzert in der Kirche, fällt sie über die Brüstung der Treppe und schlägt mit dem Kopf hart auf. Das dritte Mal ist sie bei ihrem Kinder-gartenfreund Tim Eckhard, wie so oft. Sie möchte wie eine Artistin im Zirkus auf einem Ball laufen. Das gelingt
nur anfänglich. Dann saust sie herunter und zerschlägt dabei die Scheibe der Haustür, was eine große Verlet-zung des rechten Oberarms verursacht, die dann in der Poliklinik Bad Frankenhausen nur geklammert werden kann, weil Beate nicht nüchtern ist. Das hätte auch die Halsschlagader treffen können! Nichts für schwache Nerven. Ist sie nun ein Unglücksrabe oder ein Glückkind? Ich entscheide mich für das Glückskind. Jetzt zumal, wo sie, die zarte junge Frau, ein Kindchen geboren hat: 55cm lang und 4.070g schwer, Cosima. Willkommen und
GOTT SEI DANK!
Autor:Martin Steiger |
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