Anzeige

Folge 16 – 1956 und 1957
Der Kirchentag wird abgesagt

Die Konflikte zwischen Staat und Kirche sind immer wieder Thema in der Kirchenzeitung – z. B. die Jugendweihe. Obwohl staatlicherseits betont wird, dass die Jugendweihe keine politische Angelegenheit sei und kein Druck ausgeübt werden dürfe, werden Eltern nicht in Ruhe gelassen und aufgefordert, die Kinder zur Jugendweihe anzumelden.

Von Dietlind Steinhöfel

Sogar Väter würden von ihren Vorgesetzten gefragt, ob ihr Kind an der Konfirmation teilnähme. Die Kirche schlägt der Regierung vor, anstelle der Jugendweihe eine schulische Jugendfeier ohne Gelöbnis und Weihehand-lung einzuführen, was abgelehnt wird.

Nach einem Jahr Pause wird 1956 wieder zum Kirchentag eingeladen, dieses Mal im August nach Frankfurt am Main. 70 000 Dauerteilnehmer verzeichnet dieser und 500 000 Menschen zur Hauptversammlung. Der nächste Kirchentag ist für 1957 in Thüringen vorgesehen. Die Vorbereitungen unter der Losung "Gott ist der Herr. Gott ist der Herr" laufen.

Doch die Genehmigung der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) steht noch aus. DDR-Innenminister Karl Maron empfängt im Frühjahr 1957 Vertreter des Kirchentagspräsidiums. Im Mittelpunkt der Verhandlungen steht der Nato-Beitritt der Bundesrepublik (1955). Maron aber stellt Bedingungen. Es müsse alles unterbunden werden, was die "friedensfeindliche Nato-Politik" unterstütze; keine Person, welche diese Politik gutheiße, solle auftreten; es dürfe nicht wie in Frankfurt am Main zu Äußerungen kommen, die sich "gegen unseren Staat und das Ansehen seiner namhaften Vertreter" richteten.

Und letztlich müsse gewährleistet werden, dass Vertreter der DDR-Regierung, die der Kirche angehören, deren Friedenspolitik erläutern. Erst nach solchen Garantien könne über Ort und Zeitpunkt eines Kirchentages gesprochen werden. Daraufhin wird der Deutsche Evangelische Kirchentag für 1957 abgesagt. Jedoch sollen am 27. Oktober desselben Jahres möglichst alle Gemeinden in Ost und West unter der Kirchentagslosung zusammenkommen. Geplant wird ein großer Gottesdienst in Berlin mit Gästen aus allen Landeskirchen.

Im Februar 1957 hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) einen Militärseelsorgevertrag abgeschlossen. Es muss deswegen Probleme gegeben haben, da die Synode von Halle nach Berlin verlegt wird. "Glaube und Heimat" schreibt, dass sich nach Kommentaren in der Tagespresse der DDR der Brandenburger Propst Heinrich Grüber in einem Interview mit der Kirchenzeitung "Die Kirche" dazu äußert.

Er wird zitiert: "Es ist für die Evangelische Kirche selbstverständlich, dass sie sich die Stellung der Themen und der Führung der Verhandlungen von keiner außerkirchlichen Stelle vorschreiben lässt. (…) Die Kirche hat die Verpflichtung, für alle Glieder einzutreten und sie auch in ihrer besonderen Situation anzusprechen."

Fundstücke
Wechsel und Umzug: 1956 wird der bisherige Landesjugendpfarrer Herbert von Hintzenstern neuer Chefredakteur von "Glaube und Heimat". Im Jahr darauf bezieht die Redaktion ihr Domizil in Weimar, in der Kirschbachstraße 10 (die spätere William-Shakespeare-Straße).
Busboykott: Beim Busboykott in Montgomery (Alabama/USA) hat sich der lutherische Pfarrer Robert S. Grätz auf die Seite der Schwarzen gestellt und bot sich mit seinem Auto als Fahrer an. Er wird verhaftet, da er "ohne Lizenz" eine neue Buslinie eröffnet habe. Der Richter ermahnt: Kein Weißer dürfe sich in Alabama mit Negern befreunden. Nach dieser Ermahnung sei er wieder freigekommen.
Druckfehler: Ein Leser entdeckt in Nr. 6, Seite 4 von 1957 in einer Meldung über die Vereinigung von Innerer Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland einen besonderen Druckfehler. Der neue Name sei nun: "Innere Million und Hilfswerk".

Autor:

Online-Redaktion

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

35 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.