Kompetenzzentrum gut nachgefragt
Auseinandersetzung mit Weltanschauungen
Sie sitzt in einem Hinterhof in der Berliner Auguststraße: die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW).
Von Benjamin Lassiwe
Die 1960 zunächst in Stuttgart in der Nachfolge der "Apologetischen Centrale" gegründete Einrichtung gilt als wichtiges Kompetenzzentrum in Sachen Sekten- und Weltanschauungsfragen. Vier Referenten beraten von dort aus die EKD (samt Gliedkirchen) und die Öffentlichkeit zu Themen wie dem Umgang mit neuen religiösen Bewegungen, dem Evangelikalismus, mit fernöstlicher Religion und Spiritualität, mit Esoterik und Lebenshilfemarkt.
Doch auch die EZW leidet unter den jüngsten Sparbeschlüssen der EKD. Wie alle Einrichtungen im Haushaltsplan der deutschen Protestanten muss sie bis 2030 voraussichtlich 30 Prozent ihrer Ausgaben einsparen, so EZW-Referent Martin Fritz. "Die Synode letztes Jahr hat die Möglichkeit eingeräumt, die Sparziele noch einmal überprüfen zu lassen", sagt Fritz. "Die EZW hat einen Prüfauftrag gestellt." Doch was dabei herauskommt, ist unklar. "Wir gehen jedenfalls davon aus, dass es auch bei uns zu einschneidenden Kürzungen kommen wird."
Schon heute hat die EZW keinen hauptamtlichen Leiter mehr: Nach der Pensionierung des langjährigen Direktors Reinhard Hempelmann wurde die Leitungsfunktion eingespart. Heute gibt es eine kollegiale Leitung der Referenten in Berlin, während die eigentliche Verantwortung für die EZW im Kirchenamt der EKD in Hannover liegt. Auch die bekannte Schriftenreihe "EZW-Texte" wird es ab dem kommenden Jahr nicht mehr in gedruckter Form geben, sagt Fritz.
Nachgefragt ist die Arbeit der EZW wie eh und je. "In der Corona-Pandemie wurden mache Themen besonders bedeutsam", sagt Fritz. So wollten Menschen wissen, warum es Viruscluster nur in bestimmten Freikirchen gegeben habe. Fragen zu Verschwörungstheoretikern gewannen im täglichen Geschäft an Bedeutung. Auch nach christlichen Querdenkern erkundigten sich die Menschen. Dazu kam das Dauerthema Islam, etwa am Beispiel des Berliner "House of One". "Einzelanfragen zu bestimmten Gruppen sind dagegen leicht zurückgegangen", sagt Fritz. "Da sieht man, dass es in der Pandemie auch für problematische Gruppierungen schwerer war, neue Mitglieder zu werben."
Und welche Themen werden die Arbeit der EZW in den nächsten Jahren prägen? "Ein Thema, das uns sicher weiter beschäftigen wird, ist das Verhältnis von Christentum und neuer Rechten, sagt Fritz. Hier gebe es Überschneidungen etwa im Bereich des Evangelikalismus und an den konservativen Rändern der beiden großen Kirchen. "Es scheint schon eine gewisse Affinitäten zu geben zwischen bestimmten Prägungen des Christentums und einer allgemeinen Staatsfeindlichkeit, mit samt der Empfänglichkeit für Verschwörungstheorien."
(kna)
Autor:Online-Redaktion |
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