Landessynode in Sachsen beendet
Brauer: Wir erleben die Erpressung der Religion
Sachsens evangelische Landessynode hat am Wochenende ihre Frühjahrstagung abgehalten. Ein Thema war der Krieg in der Ukraine. Überrascht wurde das Kirchenparlament von neuen Fakten zu Missbrauchsfällen eines 2013 verstorbenen Jugendwarts.
Von Katharina Rögner
Sachsens evangelische Landessynode hat sich mit den Folgen des Ukraine-Krieges für die Kirchen befasst. Auf ihrer Tagung am Wochenende in Dresden begrüßte sie den lutherischen Erzbischof aus Russland, Dietrich Brauer. Er berichtete von Erpressung von staatlicher Seite seit Beginn des Krieges. Wer nicht für die Ukraine-Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin plädiere, müsse mit Konsequenzen rechnen, sagte Brauer.
Der Bischof war im März mit seiner Familie nach Deutschland geflohen, weil er nach eigenen Aussagen in Russland zunehmend bedroht wurde. Nach dem Angriff auf die Ukraine hatte er scharfe Kritik an der russischen Staatsführung geübt und den Krieg verurteilt.
„Wir erleben die Erpressung der Religion. Wir sollten aber die Wahrheit des Evangeliums nicht preisgeben, denn dann haben wir keine Zukunft“, sagte er. Brauer ist das geistliche Oberhaupt von rund 40.000 Protestanten in Russland. Der 39-Jährige sagte im epd-Gespräch: „Wir müssen damit rechnen, dass ein Großteil der Russinnen und Russen zu diesem Krieg steht oder aber gleichgültig bleibt und schweigt.“ Das sei schwer zu verstehen und auch schwer zu ertragen.
„Es gibt eine große Hoffnung für die Ukraine, das glaube ich ganz fest“, sagte Brauer weiter. Der Russlanddeutsche ist seit 2014 Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland mit Sitz in St. Petersburg.
Sachsens Diakoniechef Dietrich Bauer rief dazu auf, für Ukraine-Geflüchtete längerfristige Angebote zu schaffen. „Sachsen sollte darauf eingestellt sein, dass eine größere Anzahl von geflüchteten Menschen länger mit uns leben wird“, sagte Bauer in seinem Bericht vor der Landessynode. „Wir können als Gesellschaft und auch in Kirche und Diakonie nur alles Menschenmögliche tun, um sie hier willkommen zu heißen und aufzunehmen - auch und gerade dann, wenn die Hilfewelle möglicherweise abebbt“, betonte er. Sachsens Landesbischof Tobias Bilz sprach sich dafür aus, kirchliche Räume für Geflüchtete zu öffnen.
Die Beratungen der Synode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens waren am Samstag unterbrochen worden, nachdem neue Fakten zum Missbrauchsfall um den Chemnitzer Jugendwart Kurt Ströer (1921-2013) bekannt wurden. Er soll in seiner langjährigen Amtszeit 30 Menschen sexuell missbraucht haben. Landesbischof Bilz, Landeskirchenamtspräsident Hans-Peter Vollbach und Synodalpräsidentin Bettina Westfeld hatten am Samstag 17 der Missbrauchsopfer getroffen.
Bei dem Gespräch berichteten die Männer der Kirchenleitung von Übergriffen des 2013 verstorbenen Jugendwarts. Die Taten sollen sich in den 1960er und 1970er Jahren ereignet haben. Die Betroffenen sind laut Kirchenleitung heute zwischen 55 bis 79 Jahren alt. Die ersten vier Fälle waren 2021 öffentlich bekannt geworden.
Die Vorfälle dürften nicht relativiert werden, sagte Bilz. „Tun sie bitte lieber zu viel als zu wenig“, zitierte der Bischof einen der Betroffenen. Den Männern sei im Raum der Kirche Schlimmes widerfahren. „Es wird uns eine Weile beschäftigen und es gilt, dies auszuhalten“, sagte Bilz. Es werde auch eine theologische Aufarbeitung brauchen. Ströer habe sein Charisma ausgenutzt.
Als Jugendwart war er von 1956 bis 1986 im damaligen Karl-Marx-Stadt für die Landeskirche tätig und später als Diakon im sächsischen Moritzburg. Bereits 2012 hatte sich ein Betroffener an die Gemeinschaft Moritzburger Diakoninnen und Diakone gewandt, die das Landeskirchenamt über den Fall informierte.
Zur Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens gehören rund 628.000 Mitglieder. Die Synode als gesetzgebendes Organ tagt in der Regel zweimal im Jahr in Dresden. Auf der aktuellen Tagung verabschiedete sie unter anderem ein Gesetz zur Rücklagenbildung im landeskirchlichen Finanzplan.
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
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