Klima
«Um fossile Industrie sollte man sich mal kümmern»
Letzte Woche hat es auf Anordnung der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München in 15 Objekten, in denen Klima-Aktivisten der «Letzten Generation» leben oder verkehren, Hausdurchsuchungen gegeben. Man ermittle wegen zahlreicher Strafanzeigen aus der Bevölkerung, hieß es in einer Mitteilung. Der Klima-Aktivist und Jesuitenpater Jörg Alt aus Nürnberg hält das Vorgehen der Behörden für unverhältnismäßig, sagt er im epd-Gespräch mit Jutta Olschewski.
Was ist Ihre Meinung: Sollte die letzte Generation angesichts der schwierigen Stimmungslage in der Bevölkerung derzeit Ihre Aktionen unterbrechen?
Alt: Das kann ich für die «Letzte Generation» nicht beantworten. Ich jedenfalls finde, dass sie bislang alles richtig gemacht haben. Ohne die Aktionen der «Letzten Generation» wäre das Thema nicht auf der Top-Agenda. Und mit Widerstand hat die «Letzte Generation» von Anfang an gerechnet. Getreu dem Motto Gandhis: Zuerst ignorieren, dann belächeln, dann bekämpfen - das ist gerade der Fall -, dann gewinnen.
Sie haben heute geschrieben, Deutschland sei eine «Bananenrepublik, keine gefestigte Demokratie». Sind Sie tatsächlich dieser Auffassung?
Ich hätte ein solches Vorgehen jedenfalls nie für möglich gehalten. Mit Razzien, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen wegen des Aktivismus wird ja gerechnet, aber das Abschalten einer Website, eines heutzutage unabdingbaren Instruments der Meinungskommunikation, ist völlig absurd, über das Ziel hinausgeschossen und unverhältnismäßig. Bei der «Letzten Generation» geht es um 1,4 Millionen Spenden, bei der fossilen Industrie geht es um Milliarden.
Darum sollte man sich mal kümmern.
Sie haben in einem Tweet auch einen Zusammenhang zwischen den Durchsuchungen und den Äußerungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hergestellt, der die Aktionen der letzten Generation als «bekloppt» bezeichnet hatte. Halten Sie das für möglich?
Ich habe nur die zeitliche Nähe als auffällig festgestellt. Natürlich glaube ich nicht, dass Kanzler Scholz bei der Staatsanwaltschaft angerufen hat, nach dem Motto «Macht jetzt endlich mal». Mir scheint diese zeitliche Koinzidenz eines zunehmend dünnhäutig und unsouverän reagierenden Bundeskanzlers und dieses schweren Geschützes durch die Staatsanwaltschaft charakteristisch für das Konfliktpotenzial, um das es hier geht. Dabei möchte ich betonen, dass ich den Hauptgegner in dieser Debatte nicht in der Politik sehe, sondern in den fossilen Konzernen, die sich verzweifelt bemühen, ihr Geschäftsmodell zu retten. Dass sich die FDP in der Bundesregierung zunehmend als deren verlängerter Arm entpuppt, passt allerdings ins Bild.
Autor:Katja Schmidtke |
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