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Freitag, vor eins ...
Unsere Seite 1 - von Stehrümchen und Adventmomenten

G+H Nr. 50 vom 11. Dezember 2022  | Foto: G+H Screenshot
  • G+H Nr. 50 vom 11. Dezember 2022
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  • hochgeladen von Beatrix Heinrichs

Ich hatte es mir fest vorgenommen. Diesmal klappt es, mit dem "Freitag, vor eins" und nicht erst danach. Vielleicht kennen Sie das auch. Diesmal werden die Geschenke nicht erst kurz vor dem Fest besorgt, sondern schon im September, wenn die ersten Lebkuchen in den Supermarkt-Regalen stehen. Aber plötzlich ist zwei Wochen nach dem Frühherbst überraschender Weise Weihnachten. Ich traue mich kaum, meine Frau zu fragen, was sie sich wünscht. Sie hatte es mir schon mal gesagt, aber ich habe es, na ja, nicht direkt vergessen, nur nicht gemerkt. Peinlich. Okay, dann wird es halt diesmal keine Überraschung. Hoffentlich ist der Wunsch noch bis zum Fest lieferbar, bevor ich ein "Stehrümchen" - wie es eine Kollegin auszudrücken pflegt - besorgen muss.

Meine Bewunderung gilt allen, die in diesen Tagen Muse, also Neigung und Eignung für Selbstgemachtes haben.  Allein die Vorstellung, etwas Getöpfertes, Gebasteltes, Eingekochtes, oder ähnliches fabrizieren zu müssen, stresst mich. Da bewundere ich meine Frau, die sich trotz ausreichend Arbeits- und Alltagshuddeleien hinsetzt, um für unsere Lieben etwas mit Liebe und Geschick zu fabrizieren. Ich gestehe, eine Brise schlechten Gewissens . Aber mir fehlt echt in der besinnlichen Zeit die Ruhe und Besinnung.  Ganz billige Ausrede.

In dieser Woche war ich eingeladen, in der Erfurter Thomaskirche meine liebste Weihnachtsgeschichte vorzulesen. Zunächst hing ich am Schmidtstädter Knoten - der seinen Namen zu Recht trägt - fest. Dann suchte ich verzweifelt einen Parkplatz vor der Herberge. Die Uhr zeigte bereits Veranstaltungsbeginn. Das Auto irgendwo abgestellt, in der Hoffnung, dass es nach dem Abend dort noch steht. Ich hetze in die Kirche. Die Küsterin bedeutet mir, dass ich ruhig langsam laufen könne. Vollbepackt und außer Atem setze ich mich in die erste Reihe. Der Altarraum war in zarte Farben getaucht, ein Bücherregal und ein Vorlesesessel als Dekoration. Bei der Andacht und der Musik vom Südthüringer Klarinettenquartett hatte ich dann tatsächlich meinen Adventmoment.  Unglaublich. Ich konnte nahezu alles um mich herum vergessen. Fast wäre mir entfallen, dass ich ja noch eine Aufgabe zu erfüllen hatte.

Wenn wir am wenigsten damit rechnen, kann es passieren, dass uns tatsächlich die Ruhe und Besinnlichkeit des Advents einhüllt. Das wünsche ich Ihnen von Herzen. Vielleicht passiert es ja bei der Lektüre der aktuellen Ausgabe. Eine Tasse Tee, ein Lebkuchen, Lesebrille, Ottomane und dann ...

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Autor:

Willi Wild

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