Kommentiert
Ein letzter Freundschaftsdienst für Friedrich
Eine Weile hab ich schon überlegt, ob ich zu dem, was da im Internet kursiert, überhaupt etwas sagen sollte. Das Internet ist ja schnell und man vergisst auch wieder schnell, was da durch die Gegend geblasen wurde. Aber dann habe ich mir gedacht: diese Schützenhilfe bin ich dem Friedrich Schorlemmer ja vielleicht doch schuldig.
Von Ulrich Kasparick
Denn da geistern Halbwahrheiten in der Gegend herum, die man nicht unwidersprochen lassen kann. Andrerseits wertet man durch eine Äußerung derlei Wortmeldungen unnötig auf, man muss sich also entscheiden.
Worum geht’s? Bereits am Tage, als die Öffentlichkeit vom Tode Friedrich Schorlemmers erfuhr, geisterte eine Behauptung durchs Internet, Friedrich werde zu Unrecht mit dem Symbol und vor allem der Schmiedeaktion vom Wittenberger Kirchentag 1983 in Verbindung gebracht, schließlich sei die Idee, den alten Spruch vom Propheten Micha erneut in ein Stahlkunstwerk zu verwandeln, nicht von ihm, sondern vom beteiligten Wittenberger Schmied gekommen.
Das ist ja nun geradezu abenteuerlich, weil da der Eindruck vermittelt werden soll, Friedrich Schorlemmer hätte sich da eine Jacke angezogen, die gar nicht seine war. Ich war damals mit dabei beim Kirchentag in Wittenberg, unser Vikarskurs war sehr direkt mit dem Wittenberger Literaturkreis im Kontakt und selbstverständlich wurden solche Vorschläge, wie den, erneut ein Schwert in eine Pflugschar zu schmieden – und zwar öffentlich beim Kirchentag! – rauf und runter diskutiert und zwar so, dass möglichst wenige davon wussten. Gesprochen wurde besonders auf die zu erwartenden Folgen hin.
Politisch waren wir alle keine Analphabeten und jedem Beteiligten war sehr genau klar, was eine solche „Aktion“ im Zweifelsfall für den Einzelnen bedeuten konnte. Und klar war auch, dass man Leute mit einem breiten Kreuz brauchte, so einen, wie Friedrich Schorlemmer einer war, der eine solche „Aktion“ auch deckte und überhaupt erst ermöglichte. Wenn Friedrich gesagt hätte „ich gehe das Risiko nicht ein, Euch in Gefahr zu bringen“, dann wäre die Aktion nie zustande gekommen.
Ich weiß selbst aus meiner Zeit im Jenaer Stadtjugendpfarramt, wie sehr uns solche Debatten Kraft gekostet haben. Nicht nur dem Staat gegenüber – dessen Reaktionen konnte man sich in etwa ausrechnen -, sondern auch gegenüber Kirchenleitungen.
Wer Friedrich aus seiner Arbeit kannte, wusste, dass er wie wenige andere sehr klar und sehr eindeutig ein Verkünder der biblischen Botschaft vom Umschmieden der Schwerter war, und deshalb ist, was Herr Kowalczuk da behauptet, Schorlemmer habe mit der Schmiedeaktion eigentlich „nichts zu tun“, schlicht infam. Dass er mit seiner Attacke Schorlemmer noch am Tag des Bekanntwerdens von Friedrichs Tod an die Öffentlichkeit ging, zeigt seinen Charakter.
So, mein lieber Friedrich Schorlemmer, das musste jetzt mal gesagt werden. Du wirst womöglich lächeln über die ganze Sache. Habs gut. Und auf ein Wiedersehen!
Autor:Online-Redaktion |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.