Jesuitenpater Jörg Alt
«Jetzt haben wir kaum noch Zeit»
Die aktuellen Proteste von Klimaaktivisten, die mit Straßenblockaden für ihr Anliegen protestieren, werden derzeit in der Öffentlichkeit heftig diskutiert. Der Jesuitenpater Jörg Alt (61) hat sich selbst bereits zwei Mal bei Aktionen an die Straße geklebt. «Fakt ist, dass die Straßenblockaden mehr als jede andere Protestform eine öffentliche Diskussion in Gang gesetzt haben», sagte Alt im Gespräch mit Jutta Olschewski.
Angesichts der derzeit heftigen Kritik an den Klimaprotestaktionen - denken Sie, dass Blockaden wie das Ankleben an Straßen noch produktive Diskussionen über die Klimakatastrophe auslösen?
Jörg Alt: Die Frage ist, welche Aktionen besser geeignet sind und nicht schon Jahrzehnte vergeblich versucht worden sind. Fakt ist, dass die Straßenblockaden mehr als jede andere Protestform eine öffentliche Diskussion in Gang gesetzt haben - ungleich mehr als die Farbattacken auf die Parteizentralen der Ampel, die Essenslieferung an das Justizministerium oder die Pferdemistlieferung an das Landwirtschaftsministerium.
Sie haben anfangs die Aktionen der «Letzten Generation» auch skeptisch gesehen, und sich dann doch deren Argument angeschlossen, dass alles Reden und Argumentieren bisher ins Leere lief. Das sehen sie also weiterhin so?
Es ist immer wieder nötig daran zu erinnern, warum dieser Protest überhaupt nötig ist. Er ist nötig, weil die Warnungen der Wissenschaft jahrzehntelang ignoriert wurden oder gar seitens der fossilen Industrie manipuliert oder unterdrückt wurden. Jetzt haben wir kaum noch Zeit, das Ruder herumzureißen, bevor irreversible Entwicklungen drohen und uns bei Klimawandel und Artensterben das Heft der Kontrolle und des Handelns zu entreißen drohen.
Professor Jürgen Manemann, einer der Initiatoren des Klimaappells an die katholische Kirche, sprach davon, dass die Folgen der Aktionen des zivilen Ungehorsams evaluiert werden müssten. Sehen Sie da jetzt den Zeitpunkt gekommen?
Die Aktionen des zivilen Ungehorsams werden meines Wissens seitens der «Letzten Generation» laufend evaluiert. Und nochmals: Jeder, der eine bessere Idee hat, möge sie uns sagen. Aber gerade meine eigene belegbare Tätigkeit mit Kampagnen, Publikationen, Petitionen und Vorträgen zeigt doch, dass herkömmliche Mittel der Bewusstseinsbildung unzureichend waren und es jetzt auch noch sind.
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
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