Vorgestellt

David: Von der Poesie der großen Lebensfragen

Christian Meyer-Landrut hat schon einige literarische Pilgerreisen unternommen. In "Deserta" begab er sich 2019, 25 Jahre nach dem Tod seines Vaters, auf Spurensuche.

Von Beatrix Heinrichs

Sein Weg führte ihn gen Osten – und hinein in die Vergangenheit, die Schrecken von Krieg und Flucht. 2020 folgten mit "Coronata", eine Gedankenreise aus 33 Texten, die sich mit den Ängsten und Unsicherheiten während des Lockdowns auseinandersetzt. Ein Ausflug ins Praktische unternahm der Weimarer Architekt, Jäger und ehrenamtliche Bundesvorstand der Johanniter-Unfall-Hilfe im Jahr 2022 mit dem Kochbuch "57 wilde Gerichte aus dem Wald", das mehr ist als bloße Rezeptesammlung. Der poetischer Ton, der auch dieses Buch durchzieht, macht es zu einem Plädoyer für die Schöpfungsbewahrung.

Es sind die großen Fragen, die Meyer-Landrut beschäftigen: Wo kommen wir her, wo gehen wir hin? Was macht uns zu dem, was wir sind? Worin liegt der Sinn unseres Daseins? Und, ganz elementar: Wie kann ein guter Gott all das Leid auf der Welt zulassen? Die Theodizee-Frage steht auch im Mittelpunkt seines neuen Buches "David", das er im Rahmen der Leipziger Buchmesse im März vorstellen wird.

"Die Worte, die Jesus am Kreuz sagt – ›Mein Gott, warum hast du mich verlassen?‹ – sprechen auch heute Menschen aus dem Herzen, den Verzweifelten, Hoffnungslosen oder Alleingelassenen", so Meyer-Landrut. Zu lesen sind die Kreuzesworte Jesu in den Psalmen Davids. Der von Gott Auserwählte und die Bitt- und Klagegebete, die ihm zugeschrieben werden, haben es Meyer-Landrut angetan. "Mich hat die Geschichte Davids fasziniert. Er ist eine so vielschichtige biblische Persönlichkeit, die in sich alles vereint, was menschlich möglich ist." Das allzu bekannte Bild des scheinbar unscheinbaren Hirtenjungen, der gegen den übermächtigen Riesen-Krieger Goliath kämpft – es erzähle längst nicht alles über David, meint Meyer-Landrut.

In seinem knapp 190 Seiten starken Buch entfaltet der Weimarer kaleidoskopartig die Lebensgeschichte Davids, des Hirten, Harfenspielers, Sängers, Kriegers und Königs. Dabei zitiert er aus den Psalmen, deutet sie um und schreibt sie so fort. Wie schon in "Coronata" stellt er zu den Texten selbst gestaltete Collagen, die die Botschaft der Psalmen unterstreichen. Eindrücklich stellt er die Wechselfälle eines Lebens dar.

So verarbeitet er unter anderem, wie David an den Hof zu Saul kam. "Für David war das ein Systemwechsel im besten Sinne. Er passt sich an, erarbeitet sich eine Position und ist schließlich derjenige, der aus dem Nichts ein Reich zusammenschmiedet. Das ist der Moment, an dem es kippt. Es folgen Kriege, Mord und Totschlag – und der Bogen in die Gegenwart ist gespannt."

Als Erstleser konnte Meyer-Landrut den Unternehmensberater und Autor Asfa-Wossen Asserate gewinnen. "Dieses Buch ist eine Parabel für die Verzweiflung der Menschen in unserer modernen Welt, die den Glauben an den Allmächtigen verloren haben“, wird der Prinz, der dem entthronten äthiopischen Kaiserhaus entstammt, einem Zweig der Salomonischen Dynastie, auf dem Buch-Einband zitiert.

Meyer-Landrut lässt die Leser teilhaben an seinem Ringen – mit sich, mit Gott und um den Versuch des Verstehenwollens. "Während des Schreibens und der Beschäftigung mit den Davidpsalmen ist mir bewusst geworden, wie tief die Abgründe unseres menschlichen Lebens sind", sagt er. "Ich möchte in den Texten aufzeigen, wie verletzlich diese Welt ist."

Christian Meyer-Landrut: David. Edition CML, 184 S., ISBN 978-3-00-081260-6; 24,00 Euro

Tipp: Lesung mit Christian Meyer-Landrut zum Auftakt der Leipziger Buchmesse, 27. März, 19 Uhr, Johanniter Akademie Mitteldeutschland, Leipzig. Um Anmeldung wird gebeten per E-Mail an sandra.menzel@johanniter.de