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Wort zur Woche
Warum auch Gott Freiräume braucht

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Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.
Psalm 66, Vers 20


Die Worte des Ordensgründers und Mystikers Franz von Sales irritieren manch einen, der sie in meinem Büro liest: "Bete täglich eine halbe Stunde und wenn du viel zutun hast, bete eine Stunde."

Von Christoph Backhaus

Es scheint doch abwegig, gerade dann mehr zu beten, wenn allgemein schon viel zu tun ist. Wo soll denn da Zeit zum mehr Beten sein? Was soll das bringen? Eine ganze Menge wie ich finde.

Wenn viel Arbeit und vor allem verschiedenste Aufgaben anfallen, dann besteht oft die Gefahr, dass ich mich verliere. Ich denke, dies und das muss ich machen, ach, das andere darf ich auf keinen Fall vergessen, und da war doch noch etwas, an das ich unbedingt denken sollte – was war das nur? Und schon schwirrt mir der Kopf. Wo fange ich bloß an? Was mache ich als erstes, was danach? Ich drohe den Überblick zu verlieren und werde hektisch, was immer eine schlechte Voraussetzung ist, meine Aufgaben gut zu erledigen. In solchen Momenten denke ich an vieles, nur Gott ist nicht ganz vorne dran.

Vor kurzen war wieder so ein Moment: Der Schreibtisch und Terminkalender voll und die beständige Frage, ob ich alles rechtzeitig schaffe: Schulunterricht, Gemeindekirchenratssitzung, Trauer- und Sonntagsgottesdienst, Konfirmandenstunden, dazu ein paar Briefe und Mails. Leichte Panik stieg in mir auf – bis mein Blick auf eben jenen Satz über das Beten fiel. Ich schaute auf die Uhr. Eigentlich Zeit zum Abendgebet, doch nehme ich mir die Zeit jetzt wirklich? Kurzes Zögern. Ich stehe auf und gehe in die Kapelle, schon allein dieser erste Schritt wirkt wie eine Befreiung, wie ein Geraderücken. Ich bete und lasse Schreibtisch und Kalender sein.

Am Ende des Gebetes bekomme ich eine Nachricht auf das Handy: Es ist die Mutter einer Konfirmandin. Sie schreibt, dass ich mich nicht um das Abendessen bei der Konfi-Stunde zu kümmern brauche, sie würde für alle etwas vorbereiten. Ich stehe da und denke: Verrückt! Man muss Gott auch die Möglichkeit einräumen zu handeln. Beten ist da oft der erste Schritt.

Der Autor ist Pfarrer in Knau im  Kirchenkreis Schleiz.

Pfarrer Christoph Backhaus | Foto: privat
Autor:

Online-Redaktion

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