Schilderwald
Quadratisch, praktisch, zeitgemäß?
Relikt aus vergangenen Zeiten oder Erinnerung an den Sonntagsgottesdienst: Das Schild mit einer symbolischen lila oder gelben Kirche ist an vielen Ortseinfahrten zu sehen. Gleich hinter dem Ortsschild verweisen sie lilafarben auf evangelische und gelb auf katholische Gottesdienste.
Von Christine Süß-Demuth
Seit 2008 gibt es außerdem grüne Kirchen-Symbole für evangelisch-freikirchliche Kirchen und blaue für neuapostolische Gottesdienste oder rote für die Liebenzeller Gemeinschaft wie etwa am Orts-eingang von Weingarten nahe Karlsruhe.
Die genormten 75 × 75 Zentimeter großen Alu-Schilder sollen Ortsfremde über Gottesdienstzeiten informieren. Aber ist das noch zeitgemäß? Auch wenn die Angaben nicht immer aktuell sind, seien sie keineswegs ein Relikt aus alten Zeiten, sagt der Pressesprecher der badischen evangelischen Landeskirche, Daniel Meier: «Sie halten das Bewusstsein wach, dass es an diesem Ort einen christlichen Gottesdienst gibt.»
Obwohl ihre Bedeutung nachgelassen habe, seien sie ein «Zeichen der Vergewisserung» und zeigten die kirchliche Prägung der Ortschaft, ergänzt der Sprecher der württembergischen Landeskirche, Dan Peter. Die Aufstellung sei Sache der jeweiligen Pfarr- oder Kirchengemeinden.
Die rechtliche Grundlage dafür ist eine Verordnung des Bundesinnenministeriums aus dem Jahr 1960, die es evangelischen und katholischen Kirchen ermöglicht, an den Ortseingängen zu werben. Seit 2008 gilt dies auch für andere Religionsgemeinschaften wie Freikirchen oder die Neuapostolische Kirche, jüdische oder muslimische Gemeinden.
«Der Hinweis auf den Gottesdienst oder die sonstige regelmäßige religiöse Veranstaltung soll ausschließlich den Interessen der Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen dienen und ihnen eine Entscheidung über die Wahrnehmung der Angebote der Kirchen oder sonstigen Religionsgemeinschaften ermöglichen», heißt es in der Verwaltungsvorschrift. Darüber hinaus dürften die Schilder keine Angaben enthalten.
Heute werden immer öfter ökumenische Schilder aufgestellt, etwa im baden-württemberischen Untergrombach: Ohne Uhrzeit, aber mit den Worten «Hier sind Sie willkommen» grüßen die katholische Kirche St. Cosmas und Damian sowie die Evangelische Christusgemeinde gemeinsam. «Gute Fahrt mit Gottes Segen» heißt es auf der Rückseite.
In Schriesheim-Altenbach im Odenwald sind nicht die farbigen Symbole abgebildet, sondern ein grau gehaltenes Piktogramm der tatsächlichen evangelischen und katholischen Kirchengebäude, entworfen von der Grafikerin Natalia Hammer, die auch Pfarramtssekretärin ist.
Wer solche Schilder aufstellen darf, war schon Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen. Nicht werben darf etwa der Verein «Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland», eine Religionsparodie. Das hatte das OLG Brandenburg 2017 entschieden, bestätigt durch das Bundesverfassungsgericht und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Doch die brandenburgische Stadt Templin erteilte dem Verein eine Ausnahmegenehmigung, «unabhängig von der rechtlichen Bewertung als Religionsgemeinschaft». Durch die Vereinsaktivitäten habe die Stadt einen erheblichen Bekanntheitsgewinn erhalten, hieß es.
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.