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Ein Urteil mit Folgen


Vor dem Hintergrund des Terroranschlags von Jerusalem, durch den am 8. Januar vier Menschen getötet und 17 weitere verletzt wurden, gewinnt das Urteil, über das unser Autor im Folgenden berichtet, besondere Bri­sanz. Israelische Politiker streiten sich, ob die Soldaten am Anschlagsort zu zögerlich das Feuer auf den Attentäter am Steuer des Lastwagens eröffnet haben. Einige Kabinettsmitglieder verwiesen auf die Verurteilung des Soldaten Elor Asaria. Das Urteil habe die gesamte Armee verunsichert, so die Minister, und gefährde nun die Sicherheit des Landes.

Von Ulrich W. Sahm

Ein israelisches Militärgericht hat den Soldaten Elor Asaria schuldig gesprochen, einen am Boden liegenden schwer verletzten palästinensischen Terroristen mit krimineller Absicht durch einen Kopfschuss getötet zu haben. Das Strafmaß wurde noch nicht festgelegt.
Am 24. März 2016 hatten zwei Palästinenser mit Messern eine Attacke auf israelische Soldaten in Hebron verübt. Mehrere Soldaten wurden verletzt. Die Angreifer wurden angeschossen. Einer lag schwer verletzt oder tot auf der Straße. Umstehende riefen aufgeregt, dass jener Palästinenser sich noch bewege und unter seinem dicken Pullover (trotz heißen Wetters) möglicherweise eine Sprengjacke trage. Vor laufender Kamera eines Aktivisten der israelischen Menschenrechtsorganisation B’Tselem schoss der 18 Jahre alte Soldat Elor Asaria eine Kugel in den Kopf des Terroristen, um ihn zu töten.
Seitdem steht der Soldat vor einem Militärgericht, während Politiker und die Medien unterschiedliche »Vorverurteilungen« veröffentlichten. Kaum jemals zuvor hat ein Militärprozess so viel Aufmerksamkeit erhalten. Im Rampenlicht stand die Frage, ob der Terrorist schon tot war oder noch eine Gefahr für die Umstehenden bedeutete. Zur nationalen Debatte stand die Frage, ob der Soldat aus berechtigter Notwehr handelte, um das Leben anderer Soldaten und der Rettungsdienste zu schützen, oder ob er ein Mörder war, der glaubte, dass ein Terrorist »dem Tode geweiht« sei. So stand auch die Moral der Armee auf dem Prüfstand. Die Anklage lautete auf Totschlag.
Die Obduktion des getöteten Terroristen ergab keine eindeutige Antwort auf die Frage, ob der Kopfschuss oder andere Schussverletzungen während seines Amoklaufes die Todesursache waren. Zeugenaussagen von herumstehenden Soldaten und anderen Anwesenden widersprachen einander. Der Film des B’Tselem-Aktivisten war zusammengeschnitten, um den Soldaten als Mörder darzustellen.
Zur Debatte standen schwierige moralische Fragen. Grundsätzlich darf ein am Boden liegender Schwerverletzter nicht mehr beschossen werden, auch wenn er sich zuvor als Terrorist mit Mordabsichten betätigt hat. In der Vergangenheit gab es jedoch Fälle, bei denen derart »neutralisierte« Terroristen per Knopfdruck einen umgeschnallten Sprengsatz zur Explosion brachten und so Sanitäter und herumstehende Soldaten mit sich in den Tod rissen.
Als ungeheuerliche Einmischung in einen laufenden Prozess wurde ein Anruf von Premierminister Benjamin Netanjahu beim Vater des Soldaten gewertet, »um ihn zu stärken«. Umstritten war auch eine Äußerung des ehemaligen Verteidigungsministers Mosche Jaalon, der behauptet hatte, dass ein Soldat der militärischen Disziplin und Regeln unterliege. Er dürfe nicht freigesprochen werden, weil er »unser aller Kind« sei. Andere mischten sich ein, indem sie den Soldaten als »Held« bezeichneten oder indem sie davor warnten, dass die Armee sich wie eine Mördergesellschaft benehme. Letztlich musste das Gericht angesichts der widersprüchlichen Aussagen von Zeugen und des Angeklagten entscheiden, ob der Soldat »kriminelle Absichten« verfolgte oder aber, ob seine Behauptungen zur »Selbstverteidigung« glaubwürdig seien.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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