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Pläne für die alte Sendehalle in Weimar
Der gute Geist

Foto: Fotos: G. Buchwald
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Es war ein bisschen wie bei Schillers Antrittsrede als Geschichtsprofessor (einige Möbelstücke aus dem Schillerhaus lagerten eine zeitlang hier im Keller): schnell war klar, dass der vorgesehene Raum für den Besucheransturm der ersten Führung (3 waren geplant) zu klein war. Und ehe noch Christian Handwerck zuende gesprochen hatte, zogen schon die ersten der ca. 150 Gäste in den größeren Saal der ehemaligen Sendehalle in der Humboldtstraße in Weimar, um einen Platz zu ergattern.

Dort erzählte zunächst Martin Kranz kurz von der Ersteigerung des Objektes vor 10 Tagen durch die eigens gegründete Stiftung Sendehalle Weimar. "Böse Orte brauchen einen guten Geist" ist seine Motivation und die seines Teams, den geschichtsträchtigen Ort in allen seinen bösen und guten Zeiten erlebbar zu machen.

Über diese Zeiten berichtet Christian Handwerck (Jahrgang 1971). Sein Interesse für den Ort wurde ihm schon in den Kinderwagen gelegt, der hier auch einmal stand. Seine Eltern arbeiteten hier, seine Mutter als Technikerin wußte wohl auch von einer Aufnahme mit Arthur Schnitzler zu berichten, den sie als nicht schön, aber durchaus charmant in Erinnerung behielt.

1934 bewilligte Hitler 50000 RM für den Bau der Nietzsche-Gedächtnishalle, 1938 wurde Richtfest gefeiert. Anfänglich wurde Paul Schultze-Naumburg (1869-1949) als Haupt-Architekt bestimmt, Über ihn und sein Umfeld konnte man sich an einer von Rainer Schmitz erstellten Mediastation informieren.

Zum Kriegsende hatte das Gebäude eine Art Depotfunktion. Hier wurden Kunstgegenstände sowie auch Hausrat von ausgebombten Weimarerern gelagert.

Ab 1946 sendete der Landessender Weimar von hier, dessen voriger Standort im Hotel Elephant zu klein wurde. Nun zum Funkhaus umgebaut, wurde am 1. Juni 1947 erstmals gesendet. Der Sender Weimar konnte auch auf ein Musikarchiv zurückgreifen, da Teile des Musikarchivs des Reichssenders Breslau in der Nietzsche-Gedächtnishalle ausgelagert worden waren.

Auch eine Rundfunkschule hatte hier von 1952 bis 1955 ihren Sitz und sogar als Synchronisationsstudio wurde es von der DEFA bis 1985 genutzt.

Einigen Besuchern ist der Ort vor allem aus DDR-Zeiten bekannt. Sollte eine Örtlichkeit in der Nähe beschrieben werden, hieß es "oben beim Sender".
Christian Handwerck spielt den Besuchern eine Aufnahme von 1971 vor: ein Klavierkonzert von Mozart, es klingt wunderbar. Der Saal hat eine gute Akustik und war seinerzeit mit guten Instrumenten ausgestattet. Und mit berühmten Namen auch: Hatte nicht z.B. Herbert Roth hier das Rennsteiglied komponiert?

Der MDR nutzte die Räumlichkeiten von 1992 bis 2000. Seit dessen Auszug stand es leer, wurde 2006 an einen Weimarer Immobilienmakler verkauft, der nichts sanierte. Zudem wurde das Gebäude wohl auch durch unerlaubte Nutzung und Diebstahl in Mitleidenschaft gezogen.

Zwischenzeitlich meldete auch die NPD Interesse an dem Gebäude an. Es ist zu hoffen, dass die Initiatoren der Stiftung Sendehalle durch den Erwerb des Hauses nun einen guten Geist die Hallen wehen lassen. Der Anfang ist geglückt.

Autor:

Online-Redaktion

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