Predigt über Apg 8, 26-39
ER ZOG SEINE STASSE FRÖHLICH

-Der vorliegende Predigt-Text ist bekannt als die Geschichte vom "Kämmerer aus dem Mohrenland". Sie ist die erste von drei Missionsgeschichten, die der Evangelis Lukas in der Apostelgeschichte erzählt. Die zweite berichtet von der Bekehrung des Paulus (Apg 9) und die dritte erzählt von der Begegnung des Petrus mit dem Hauptmann Kornelius (Apg 10). Alle drei Geschichten sind umfangreich und enden mit der Taufe, wobei  in der
dritten Geschichte nicht nur Cornelius getauft wird, sondern alle, die dabei waren und plötzlich in Zungen reden. Denn für Petrus war klar: wer in Zungen redet, muss auch getauft sein!
-Doch zurück zu unserem Text: von Philippus und dem Kämmerer redet er. Wer war Philippus? Er wird in der
Apostelgeschichte zuerst erwähnt  als einer der Almosenpfleger, zusammen mit Stephanus, dem Namensgeber
unserer Kirche. Und der Evangelist Lukas erwähnt auch, dass Philippus Vater von vier Töchtern gewesen (Apg 21,9), die unverheiratet waren und die Gabe der Prophetie (der Weissagung) hatten. 
Philippus wird vom "Geist Gottes" zu dem Kämmerer geschickt, der als religiöser Tourist in Jerusalem war "um
anzubeten" und sich nun auf dem Wege nach Hause befindet. Jerusalem, der Ort der Lade und also der 10 Gebote, liegt vom biblischen Äthiopien, am Oberlauf des Nils gelegen (Hauptstadt Meroe) 2000 km entfernt.
Der Kämmerer war Finanzminister der Kandake, die wiederum die Mutter des Königs von Äthiopien war, 
einer reinen Repräsentationsfigur, weil er als zu heilig galt, um selbst zu arbeiten, so dass Lukas diese Kandake als "Königin von Äthiopien" bezeichnete..
Der Kämmerer war wie alle Leute seines Standes ein Eunuch (Kastrat) und durfte als solcher  das Innere des Tempels nicht betreten. Aber beten kann man überall, auch in der Vorhalle ("Die Gedanken sind frei"), und er
hat sich etwas sehr kostbares mitgebracht, -eine Schriftrolle des Propheten Jesaja, aus der er laut liest. So
kommt (wieder auf Weisung des Geistes) die Begegnung mit dem Kämmerer zustande. Frage des Philippus an
den hohen Herrn im Wagen: "Verstehst du denn auch, was du liest? (Es ist ein Text aus Jes 53,7f., eines der Gottesknechtslieder des Jesaja.) Und die Antwort des Kämmerers: "Wie soll ich verstehen, wenn mich keiner anleitet?" Nun sehen wir sie also fahren, die beiden Männer: den schwarzen Äthiopier und den weißen
Philippus, und Philippus erklärt dem hohen Herrn den Text (VV 32-34).
Wie einst bei den Emmaus-Jüngern, als der Auferstandene den Jüngern Karfreitag und Ostern erklärt, wäre wir auch hier gern dabei gewesen. Aber wir erfahren nur, was Philippus nach V. 35 sagt. Die frühe Christenheit hat den "Gottesknecht" auf Christus gedeutet. Und das ist der Mann, der so wunderbare Gleichnisse erzählte, -der Kranke heilte und Tote erweckte, -der unter Schmerzen am Kreuz sein Leben aushauchte und gegen alle Erwartungen (von Gott selbst) erweckt wurde, -der seine Jünger neu ausrichtete (Taufbefehl) und dann seinen Platz im Himmel fand... 
Wie lange die Unterweisung dauerte, wissen wir nicht. Wir wissen aber, dass Philippus das Herz des Kämme-rers erreichte, und als sie an ein Wasser kommen, wird der Wunsch nach Taufe ausgesprochen "Was hinderts, dass ich mich taufen lasse?") Und die Antwort: "Wenn du von ganzem Herzen glaubst, kann es geschehen!"
Das Bekenntnis wird gesprochen ("Ich glaube, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist!"). Sie steigen zusammen ins Wasser, und die Taufe wird vollzogen. Philippus hat seine Aufgabe erfüllt und wird "entrückt". Kein Austausch von Adressen. Kein Versprechen, sich wieder zu sehen. Keine Tauf-Urkunde. Keine Eintragung ins Kirchenbuch
oder Angabe von Zeugen. Nur: ER ZOG SEINE STRASSE FRÖHLICH. Taufe macht froh! Der Kämmerer hat allen Grund zur Freude: er, der Eunuch ohne Frau und Kinder, wird aufgenommen in die Gemeinschaft der Gottes-kinder, und das macht ihn froh. Was später aus ihm geworden ist, wird nicht erzählt.

-Als ich Vikar in Blankenhain bei Pfr. Martin Giersch war, wurde ich zur Taufe auf die Lebensordnung unserer Kirche (ELKiTh) hingewiesen. Danach sollte wenigstens ein Elternteil des Täuflings in der Kirche sein und seine Steuern bezahlt haben. Wenigstens ein Pate sollte zur ev. Kirche gehören. Und wenn man ein Kind aus einer anderen Kirchgemeinde taufen wollte, musste man eine Genehmigung des Ortspfarrers haben (das
Dimissoriale). Das hat sich seitdem sehr geändert. Das erste Kind, das ich getauft habe, war eine Christiane K. aus Blankenhain. Ich habe sie aus den Augen verloren.
-Im dritten Jahr meines Pfarrdienstes in Weimar-Schöndorf, 1996, hatte ich eine Taufanmeldung aus Bad Berka. Die alleinerziehende Mutter gehörte nicht der Kirche an, wollte aber, dass ihr Kind getauft würde. Sie versprach, ihr Kind im Glauben zu erziehen und legte eine Patenbescheinigung und die Genehmigung der Urlaubsvertretung vor, da der Ortspfarrer im Urlaub war: Dass die Patin gerade aus der Kirche ausgetreten war, wussten wir beide nicht. Die Taufe fand zu aller Zufriedenheit am 04. August 1996 in Weimar statt: Kantor und Küster waren anwesend, die Taufkanne war nicht vergessen worden, und der Täufling namens Justin hatte sich weder durch die Orgel noch durch das Wasser erschrecken lassen. Für mich war alles in Ordnung.
-Nachdem ich jedoch den Vollzug der Taufe an das Pfarramt  Bad Berka gemeldet hatte, erschien nach einigen Wochen der Superintendent von Weimar, gab sich ganz amtlich und sagte, dass er ein ernstes Wort mit mir zu reden habe. Es betreffe die Taufe von Justin G., zu der eine Beschwerde des GKR Bad Berka gegen mich vorliege: Taufe eines Kindes ohne christliche Eltern und Zulassung einer Patin ohne kirchliche Bindung. In der
ersten Sitzung des GKR Bad Berka nach dem Urlaub des Pfarrers sei es hoch hergegangen, und so sei es zu diesem Schreiben gekommen. Für mich war schmerzlich daran, dass mein Freund Hermann S., langjähriger Kirchenältester und verdienstvoller Kirchenmusiker, seine Unterschrift ebenfalls unter das Schreiben gesetzt hatte, ohne zuvor mit mir darüber zu reden. 
Ich zeigte dem Herren Superus Dimissoriale und Patenbescheinigung der Urlaubsvertretung und konnte ihm darüber hinaus einen Fall nennen, auf den ich (zufällig?) wenige Tage zuvor gestoßen war, bei dem er selbst die Lebensordnung nicht eingehalten hatte (Er hatte ein Kind aus Schöndorf getauft, ohne meine Genehmigung einzuholen!), und so trennten wir uns im Grunde einvernehmlich. 
-Die Geschichte hatte aber noch ein Nachspiel: nach dem Kirchentag in Erfurt von 1996 stehe ich noch so im Gespräch  mit einem befreundeten Ehepaar auf dem Domplatz, da kommt besagter Pfarrer von Bad Berka auf
uns zu und will mir die Hand geben. Ich nehme alle meine Kraft zusammen, blicke ihm fest in die Augen und sage: "Einem Denunzianten gebe ich nicht die Hand!" (Auch er hätte ja vorher mit mir reden können!)
Da nimmt er die Hand runter und dreht ab, ohne ein Wort zu sagen, als wäre er gar nicht dagewesen...
Nun muss ich zu seiner Ehre sagen, dass er beim nächsten Hauptkonvent, zu dem alle Pfarrer und kirchliche
Mitarbeiter eines Kirchenkreises zusammen kommen, der Oberkirchenrat zumeist ein Referat hält, und das Abendmahl gefeiert wird, auf mich zugekommen ist und die Sache bereinigt hat.
-Er zog seine Straße fröhlich. So heißt es  gegen Ende unseres Predigt-Textes. Ja, auf seinem weiten Weg nach Hause wird der Kämmerer manches Mal sein Taufe bedacht haben: die Hauptstadt Jerusalem, die Propheten-Rolle, seine Fragen dazu, die Begegnung mit Philippus und das, was Philippus klärend sagen konnte (Der muss ja auch von Taufe geredet haben!), sein Wunsch, selbst getauft zu werden, -die Handlung und die Worte dazu
und die Freude über die Taufe. Er war so etwas wie ein geistlicher Wiederkäuer. Ja, Taufe tut gut! Und es tut gut, sich zu erinnern: wo ist das gewesen? Wer war alles dabei? Gibt es die Urkunde noch, und welcher Taufspruch wurde mir mitgegeben? "Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst." Oder: "Sei fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, halte an am Gebet." Oder: Oder: "Ich will dem Herren singen mein Leben lang und meinen Gott loben, solange ich bin."
Mein Tauf-Tag ist der 12.04.1940. Das ist sehr früh, denn ich bin Anfang April 1940 geboren.  Doch hängt es vielleicht damit zusammen, dass mein Vater Soldat war und wegen der Geburt Urlaub bekommen hat. Damals war die Schlacht um Stalingrad (1942/43) noch nicht verloren. Auch nicht die Panzerschlacht am Kursker Bogen (1943) und andere Schlachten mehr. Mein Taufspruch war und ist: "Danket dem Herrn, den er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich." (Ps 107,1)

Bei der Vorbereitung dieser Predigt bin ich auf die Geschichte vom Paten-Pfennig gestoßen. Ein frommer Mann aus Eisenach hat seinen Paten-Pfennig, einen kleinen goldenen Ring, zur Erinnerung an seine Taufe stets an einer Kette um den Hals getragen. Als er zum Sterben kam, hat er mit dem Pfarrer, den er gerufen hatte, ausge-
macht, dass er, wenn er nicht mehr reden könne, auf diesen Ring zeigen wolle zum Zeichen dafür, dass er von dem Herrn Jesus das ewige Leben erwarte. Und so ist es geschehen.
Die alten Lehrer der Kirche haben für die Taufe die schönsten Namen gefunden: "das Heiligtum der Wiederge-burt", "die Mutter der Kindschaft Gottes" und "der Wagen des Himmels". Wir sind getauft. Daran wollen wir uns heute erinnern. Wir können fröhlich unseren Lebensweg gehen, wie einst der Kämmerer aus dem Mohrenland.
                                                                                                                                                                                            (Schöndorf, d. 08.07.2018)

Autor:

Martin Steiger

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