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Serie »Buga, Bibel und Botanik« (16)
Von Blumenhit und Börsenkrach

Wenn sich im Sommer ein Jubilar ein Lied wünschen darf, macht oft Paul Gerhards „Geh aus mein Herz und suche Freud“ das Rennen. Dieser Sommergesang von 1653 ist heute als Kirchenlied wie auch als Natur- und Wanderlied verbreitet.
Gleich in der zweiten Strophe kommen zwei Frühlingsblumen vor: „Narzissus und die Tulipan“. Paul Gerhard stellt damit zwei Hits seiner Zeit heraus. In der als "orientalische Periode" bezeichneten Zeit von 1560 bis 1620 wurden insbesondere aus dem südöstlichen Europa vor allem Tulpen, Hyazinthen und Narzissen eingeführt.
Narzissen zählen in der islamischen Kultur zu den beliebtesten Gartenblumen. In der arabischen Dichtkunst wird die Blüte dem Auge gleichgesetzt. In einem Mohammed zugeschriebenen Ausspruch heißt es: „Wer zwei Brote hat, verkaufe eines und kaufe sich Narzissenblüten dafür; denn Brot gibt nur dem Körper Nahrung, die Narzisse aber nährt die Seele.“ Als „Pfarrernarzisse“ war sie mancherorts Charakterpflanze der Pfarrgärten.
Im Mittleren Orient wurden die Tulpen über Jahrhunderte hinweg kultiviert. Der Gattungsname „Tulipa” verweißt darauf, dass die Blüte in ihrer geschlossenen Form an einen Turban erinnert. In der islamischen Welt hat die Tulpe eine starke mythologische Bedeutung. Das nationale Emblem Irans erinnert z. B. an das stilisierte Bild einer Tulpe. Auch in der Türkei gilt die Tulpe bis heute als Nationalblume.
Im 16. und 17. Jahrhundert gelangte sie von dort als importiertes Luxusgut nach Europa. Es entstand eine regelrechte Manie nach neuen, besonders edlen Züchtungen, ja, man konnte sogar an der Börse mit steigenden oder fallenden Preisen für Tulpenzwiebeln spekulieren. Im Februar 1637 boten jedoch nicht mehr genug Käufer auf die Tulpenzwiebeln und die Blase platzte. So löste ausgerechnet die Tulpe den ersten Börsenkrach der Weltgeschichte aus.
Doch gehen wir zurück zu Paul Gerhards Lied. Beim genauen Betrachten erkennen wir drei Teile. In den ersten Strophen finden wir Bilder der Natur, die uns als Gaben Gottes vor Augen gestellt werden. Die Strophen acht bis elf verweisen auf den Himmel als den Garten Christi. In den letzten Strophen weist uns der Dichter auf unsere eigene Vollendung hin: „Erwähle mich zum Paradeis / und laß mich bis zur letzten Reis / an Leib und Seele grünen“.
Mit den Worten Paul Gerhards wünsche ich Ihnen, dass Sie in Ihrem Leben ein guter Baum mit festen Wurzeln werden.

Gartenpfarrer Johannes Schmidt

Autor:

Online-Redaktion

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