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Kommunikation gefragt
Muskeln der Landeskirchen

Doppelspitze: Ariadne Klingbeil (l.) und Stefanie Schardien leiten seit diesem Jahr das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP), den Mediendienstleister der evangelischen Kirche. Am 11. März werden sie in Bad Homburg für ihren Dienst eingesegnet.   | Foto: Ursula Ott
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  • Doppelspitze: Ariadne Klingbeil (l.) und Stefanie Schardien leiten seit diesem Jahr das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP), den Mediendienstleister der evangelischen Kirche. Am 11. März werden sie in Bad Homburg für ihren Dienst eingesegnet.
  • Foto: Ursula Ott
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Der Kirchenpresse geht es wie der verfassten Kirche: Beide sind in der Krise. Auf einer Tagung sollte der Zustand der evangelischen Publizistik analysiert und Perspektiven diskutiert werden.

Von Willi Wild

Sieglinde Homann-Reich ist ehrenamtlich in der evangelischen Kirche engagiert. Sie gehört zum Besuchsdienstkreis ihrer Kirchengemeinde und ist als Gemeindebrief-Botin für die Koordinierung der 40 Austräger zuständig. Natürlich trägt sie selbst das „Blättchen“ in einem Bezirk ihres Wohnortes aus. Und: Sieglinde Homann-Reich ist Zeitungsleserin. Für die 84-Jährige gehört die wöchentliche Lektüre der Kirchenzeitung zum Rhythmus ihres Lebens. Auch mit dem Internet hat sie sich beschäftigt. Sie weiß erstaunlich gut über die aktuellen Diskussionen in ihrer Landeskirche und in der EKD Bescheid. Sie ist an kirchlichen Nachrichten und der Glaubensvermittlung auch über digitale Medien interessiert.

Deshalb hat sie sich für die Tagung „Evangelische Publizistik – wohin?“ in der Evangelischen Akademie Tutzing angemeldet. „Eigentlich gehöre ich ja nicht dazu, weil ich nur Leserin und keine Publizistin bin“, sagt sie und ergänzt: „Aber vielleicht ist es gerade gut, wenn ich die Perspektive einer Nutzerin einbringe.“ Die kirchlichen Medienmacher sollten doch auch wissen, für wen sie ihre Inhalte produzieren und wie diese bei den Rezipienten ankommen.

Da spricht sie dem freien Journalisten Philipp Greifenstein aus der Seele. Der Initiator des Internet-Magazins „Die Eule“ wünscht sich mehr Rückkanäle. „Wir brauchen keinen Pfarr-Avatar und auch keine KI-generierten Gottesdienste, sondern echten Austausch.“ Wenn sich Menschen durch die unterschiedlichen kirchlichen Angebote im Netz angesprochen fühlten, müssten ihnen auch Menschen aus Fleisch und Blut gegenüberstehen. Doch wie soll das realisiert werden angesichts knapper Kassen und Ressourcen? Für Ariadne Klingbeil liegt der Schlüssel in der Kooperation. Die neue kaufmännische Geschäftsführerin des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP) sieht sich als Marken-Managerin dem gemeinsamen Ziel aller publizistischen Akteure verpflichtet, die Kommunikation des Evangeliums professionell umzusetzen.


"Publizistik ist Massenkommunikation"

Es gebe 44 Millionen Kirchenmitglieder in Deutschland, aber nur sechs Millionen würden derzeit erreicht. Publizistik ist Massenkommunikation, und deshalb sollten die Kräfte gebündelt werden, um eine hohe Reichweite zu erzielen. Deshalb sollten evangelische Medien untereinander keine Konkurrenzunternehmen sein. Man wolle den Menschen einen Platz in der Kirche geben, dafür müssten sie sich aber durch die Medienarbeit abgeholt fühlen.

„Wir sind die Muskeln der Landeskirchen“, beschrieb Klingbeil in diesem Zusammenhang das Selbstverständnis des GEP als Mediendienstleister. Auch der Präsident des EKD-Kirchenamtes, Hans Ulrich Anke, rief bei der Tagung in Tutzing zur Bündelung der Kräfte in der kirchlichen Kommunikation auf. Mit Blick auf Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit sei es „längst schon überfällig“, die Kräfte zu konzentrieren, sagte er angesichts der föderalen Struktur im deutschen Protestantismus.

Zudem betonte er, dass es das kritische Potenzial von professionellem Journalismus ebenso brauche wie die Notwendigkeit der redaktionellen Unabhängigkeit. Er könne sich auch gut vorstellen, dass der Vorschlag des Journalisten und EKD-Synodalen Arnd Henze aufgegriffen werde, ein Recherchenetzwerk in der Kirchenpresse zu installieren. Auf Kritik der Journalisten stieß Ankes Äußerung, dass sich die evangelische Publizistik in ihrer Gesamtheit in den Dienst der Kirche zu stellen und „an den konkreten Beauftragungen auszurichten“ habe. Damit würde an den Grundfesten der freien Kirchenpresse und der Überparteilichkeit gerüttelt, so die Kritik.

Bei aller Digitalisierung sollten Prozesse der analogen Kommunikation nicht völlig aus dem Blick geraten, sagte Online-Journalist Philipp Greifenstein. Er könne eine Gegenbewegung erkennen, dass Menschen Wert auf echte Begegnung legen. Die analoge Kirche habe nicht ausgedient. Die Nutzer der kirchlichen Medienangebote würden zudem erwarten, dass es bei Kirche um Glaube und um Gott geht. Das Produkt sollte nicht versteckt werden.

Sieglinde Homann-Reichs Fazit fällt positiv aus: Sie ist überrascht von der Vielfalt evangelischer Publizistik und dem Meinungsspektrum. Auch wenn sie nicht mehr im großen Geschehen dabei ist, wie sie sagt, sei sie nach wie vor an den Entwicklungen in der Kirche interessiert. Sie wünscht sich, dass auch zukünftig das Evangelische in der Publizistik betont wird. Ein Unterschied zu anderen sollte sichtbar sein. Damit meint sie, dass neben der kritischen Berichterstattung auch die Glaubensvermittlung nicht zu kurz kommen dürfe. „Es sollte vor allem auch über das Gute berichtet werden, das in unserer Kirche passiert.“

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Das Buch zur Tagung präsentieren die Herausgeber Willi Wild (l.) und Reinhard Mawick. | Foto: Frank Zeithammer
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