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(K)ein Wunschkind

Foto: stock.adobe.com – ©Antonioguillem

Die Entstehung eines Embryos und sein Leben im Mutterleib sind oft Grundlage aktueller Diskussionen, die vom kaum auflösbaren Konflikt zwischen wissenschaftlichem Fortschritt und emotionaler Überforderung zeugen.

Von Mirjam Petermann

Dazu muss gar nicht erst nach China geblickt werden, wo im vergangenen November die ersten gentechnisch veränderten Babys zur Welt kamen. Im frühesten Embryonalstadium wurde Zwillingsmädchen ein bestimmtes Gen entfernt, um sie gegen HIV-Infektionen resistent zu machen. Dieses Vorgehen kann nicht nur als wissenschaftlicher Versuch gewertet werden, der die Möglichkeiten von Modifikationen am menschlichen Genmaterial austesten wollte. Es ist auch ein Höhepunkt des menschlichen Strebens, Nachkommen so perfekt und resistent wie möglich zu schaffen – nach eigenen Idealen und Vorstellungen. In Deutschland spiegelt sich dieser Konflikt aktuell in der Diskussion um einen Bluttest, den sogenannten Praenatest, zur vorgeburtlichen Bestimmung möglicher Trisomien (13, 18 oder 21) des Ungeborenen wider, der in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen werden soll. Bereits die risikoreichere Fruchtwasseruntersuchung und andere Testverfahren geben über eventuelle Chromosomen-Abweichungen Aufschluss. Mit weitreichenden Folgen, denn etwa neun von zehn Schwangeren lassen in Deutschland beim Verdacht einer Trisomie 21 einen Abbruch vornehmen – so schätzen es zumindest Experten, denn es gibt keine belastbaren Zahlen.
Auch Schwangerschaftsabbrüche im Allgemeinen sind Gegenstand aktueller Debatten, durch die Gesetzesänderung des Paragrafen 219a und die damit einhergehend geforderte Enttabuisierung von Abtreibungen. Im Zuge dessen war zuletzt viel zu den Gründen zu lesen, warum Frauen ihre Schwangerschaft beenden. Beispielsweise: »Ein Kind hätte überhaupt nicht in dieses Leben gepasst. Wir hätten ihm nicht bieten können, was wir uns für ein Kind wünschten.« Oder: »Ich traute es mir schlicht nicht zu, neben meinem Job und meinem ersten Kind ein behindertes Kind großzuziehen.« Was in solchen Situationen offenbar völlig fehlt und auch kaum ein allgemeines Diskussionsthema zu sein scheint, sind mögliche Alternativen zu Abtreibungen – nicht nur von kranken Kindern. Angelika Doose ist Referentin bei der »Aktion Lebensrecht für alle«. In einem Interview mit dem Online-Magazin »bento«, gab sie zu dieser Frage zu bedenken: »Bei uns melden sich viele, die ihr Kind im Grunde ihres Herzens behalten möchten, aber nicht wissen, wie sie das schaffen sollen. Ein Sozialstaat sollte für diese Fälle doch Lösungen parat haben.«
Natürlich bedarf es dafür vielfältiger Lösungsstrategien: Praktische und mentale Unterstützungen für Eltern und Kinder, individualisierbare Lebens- und Arbeitswelten, hochwertige Betreuungseinrichtungen. Dazu müsste, was von Geburt an beeinträchtigte Kinder betrifft, nicht die Enttabuisierung von Abtreibungen ein erklärtes Ziel sein, sondern ihre Anerkennung als lebenswerte Menschen. »Wir brauchen eine Gesellschaft, in der ein Kind nicht als Belastung gesehen wird«, fordert Angelika Doose.
Und dann gibt es in Deutschland noch eine andere Realität: Schätzungen zufolge sind zehn bis fünfzehn Prozent der hier lebenden Paare ungewollt kinderlos. Der Schmerz, die Trauer, die Angst und Hilflosigkeit, die diese Paare erleben, weil es wieder nicht geklappt hat oder es wieder eine Fehlgeburt gab, gehört zu den eigentlichen Tabus, die noch existieren.
Auch hier kann die Medizin ansetzen: Durch künstliche Befruchtung konnte schon vielen Wunschkindern zum Leben verholfen werden. Doch: »Wir vollbringen keine Wunder«, so der Arzt eines Kinderwunschzentrums.
Die mit dem Prozedere verbundenen moralischen Fragen sind Betroffenen selten und Außenstehenden fast gar nicht bewusst: Was, wenn es bei den Versuchen, die die Krankenkassen zahlen, nicht klappt? Wie viel Geld investieren wir in weitere Versuche? Nach dem wievielten Versuch geben wir auf? Was ist mit den übrigen, vorsorglich befruchteten, Eizellen, die noch nicht eingesetzt wurden, aber noch tiefgekühlt lagern und eigentlich nicht mehr gebraucht werden, weil gleich der erste Versuch erfolgreich war? Es sind Entscheidungen, die ein Mensch nur mit schwerer Bürde treffen kann – Entscheidungen über Leben und Sterben, bevor das Leben überhaupt richtig angefangen hat.

Autor:

Online-Redaktion

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