Kanada
Brandanschläge auf Kirchen sofort stoppen
Führende Vertreter der kanadischen Ureinwohner hatten Ende Juni dazu aufgerufen, Brandanschläge auf katholische Kirchen sofort zu stoppen. Die Kirchenbrände förderten "die Spaltung zwischen Indigenen und Nicht-Indigenen". Das erklärte Jenn Allan-Riley, Tochter eines ehemaligen Schülers eines Indigenen-Internats. Das Niederbrennen von Kirchen sei "nicht der Stil der Ureinwohner".
Seit Juni wurden mehrere katholische Kirchen vollständig niedergebrannt. Insgesamt meldeten die Behörden bislang rund ein Dutzend Brandanschläge auf Kirchen. Die Anschläge begannen kurz nach Entdeckung von mehreren nicht gekennzeichneten Grabfeldern, auf denen Spezialisten durch Bodenradar die sterblichen Überreste von mehr als 1000 Kindern fanden. Die Fundorte liegen jeweils auf ehemaligen Grundstücken von Internaten für indigene Kinder.
Im 19. und 20. Jahrhundert wurden mehr als 150 000 Kinder indigener Mütter – oft zwangsweise – in kanadischen Heimen untergebracht. Viele der landesweit mehr als 130 Einrichtungen wurden von katholischen Ordensgemeinschaften betrieben, das Geld kam vom Staat.
Sie sollten die Kinder im Auftrag des Staates an sogenannten "Residential Schools" unterrichtet und an die Gesellschaft und Kultur der europäischen Einwanderer, also die "christliche Zivilisation", angepasst werden. Üblicherweise waren die Schulen als strikte Internate ausgelegt. Die Mädchen und Jungen der First Nations, der Inuit oder der Metis – das sind Nachfahren europäischer Händler und indigener Frauen – konnten ihre Familien über Jahre hinweg nur selten sehen. Insgesamt lebten etwa 150 000 Kinder in Residential Schools. In den 1930er-Jahren gab es in Kanada 80 Schulen, drei Fünftel davon betrieben von der katholischen Kirche. Die letzte Einrichtung dieser Art schloss 1996 in Punnichy, Saskatchewan, ihre Pforten. Heute sollen noch mehrere Zehntausend ehemalige Schüler leben.
Zuvor hatten sich bereits andere indigene Gemeinschaften zu den Brandanschlägen geäußert. Der Rat des Lower Similkameen Indian Band zeigte sich schockiert über die Zerstörungen. Zwar sei die heftige Reaktion in Teilen nachvollziehbar, da die Nachfahren unter einem "generationsübergreifenden Trauma" litten, hieß es in einer Mitteilung. Dennoch führe dieser Weg nicht zu einer Versöhnung.
Kanadas Ministerpräsident Justin Trudeau habe indes Papst Franziskus gebeten, dass sich die Kirche zur Wiedergutmachung verpflichtet.
(kna)
Autor:Online-Redaktion |
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