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Wilhelm Busch
Auf den Spuren von Max und Moritz

Holzstich, koloriert, aus Max und Moritz, eine Bubengeschichte in sieben Streichen von Wilhelm Busch (1832-1908) (106. Auflage München, Braun und Schneider, um 1933). 
"Max und Moritz" hießen in Wirklichkeit Erich und Wilhelm. Wilhelm Busch zeichnete die weltberühmten Bildergeschichten nach Kindheitserlebnissen mit seinem besten Freund, dem Müllersohn Erich Bachmann. | Foto: epd-bild/ akg-images GmbH
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  • Holzstich, koloriert, aus Max und Moritz, eine Bubengeschichte in sieben Streichen von Wilhelm Busch (1832-1908) (106. Auflage München, Braun und Schneider, um 1933).
    "Max und Moritz" hießen in Wirklichkeit Erich und Wilhelm. Wilhelm Busch zeichnete die weltberühmten Bildergeschichten nach Kindheitserlebnissen mit seinem besten Freund, dem Müllersohn Erich Bachmann.
  • Foto: epd-bild/ akg-images GmbH
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Eigentlich wollte er Maler werden, doch der Durchbruch blieb aus. Stattdessen wurde Wilhelm Busch durch Bildergeschichten berühmt, die an heutige Comics erinnern. Vor 190 Jahren wurde er in einem kleinen Dorf in Niedersachsen geboren.

Von Michael Grau 

Mit einem leisen Klick drückt Frauke Quurck die eiserne Klinke herab und öffnet die Holztür: «Wir reisen hier zurück in eine andere Zeit», sagt die Museumsleiterin. Genau hier, in den original erhaltenen Räumen des einstigen Bauernhauses in Wiedensahl am Rande des Weserberglandes, kam vor 190 Jahren der berühmteste Sohn des Ortes zur Welt: der Dichter und Zeichner Wilhelm Busch (1832-1908). Mit seinen Bildergeschichten wie «Max und Moritz» sollte er später weltberühmt werden - und zu einem Vorläufer der Comic-Kunst.

Sein Kinderbett ist noch zu sehen. Mit einer rot-weiß karierten Decke steht es etwas verloren an einer Seitenwand des karg möblierten Zimmers im Wilhelm-Busch-Geburtshaus. Nicht nur er, sondern auch seine sechs jüngeren Geschwister haben darin geschlafen. Wilhelm, geboren am 15. April 1832, war der älteste Sohn einer Kaufmannsfamilie, die den Bauernort mit allem Nötigen versorgte.

Seine dörfliche Herkunft mit all den Typen und Charakteren, die er dort fand, hat den Künstler tief geprägt. Das spiegele sich auch in seinen Werken, sagt Frauke Quurck. «Er hat kein prunkvolles Mahl gezeichnet, sondern ganz rustikale Szenen im Wirtshaus mit den Zechern, die sich nach harter Arbeit noch ein Bier gegönnt haben.» Sein Heimatort blieb für Busch zeitlebens ein zentraler Bezugspunkt. 1872 kehrte er, inzwischen berühmt und wohlhabend, sogar ganz zurück nach Wiedensahl.

Doch mit neun Jahren muss er das Dorf erst einmal verlassen. Weil es zu Hause zu eng wird, schickt ihn sein Vater nach Ebergötzen bei Göttingen zu seinem Onkel Georg Kleine, einem gelehrsamen Pastor, der alte Sprachen beherrscht und Bienen züchtet. «Dem Vater war sehr daran gelegen, dass die Kinder eine gute Ausbildung bekamen.» Von seinem Onkel erhält Busch fortan Privatunterricht.

Kinderfreundschaft als Vorbild

Und er lernt einen Freund fürs Leben kennen: den pausbäckigen Müllerssohn Erich Bachmann. Gemeinsam machen sie das Dorf unsicher - die Kinderfreundschaft wird zum Vorbild für die späteren Schelmengeschichten von «Max und Moritz», die den Schneider Böck und den Lehrer Lämpel zur Verzweiflung bringen.

Der Vater drängt ihn zum Studium des Maschinenbaus in Hannover, doch der junge Busch bricht das Studium ab. Stattdessen will er Künstler werden, zieht nach Düsseldorf und Antwerpen. Die niederländischen Maler haben es ihm angetan. Schließlich landet er in München und verdient sich seinen Lebensunterhalt mit Zeichnungen und kleinen Texten.

Dort wird der Verleger Kaspar Braun auf ihn aufmerksam, der satirische Zeitungen herausbringt. Ihm verkauft Busch für die stolze Summe von 1.000 Gulden die Rechte an seiner gerade vollendeten Geschichte von «Max und Moritz». Was später ein Welterfolg werden wird, übersetzt in 300 Sprachen und Dialekte, beginnt als Studentenjob.

Mit «Max und Moritz» wird Busch zum Wegbereiter der heutigen Comics. «Busch hat den Typus der Bildergeschichte perfektioniert und weiterentwickelt», sagt die Kunsthistorikerin Ruth Brunngraber-Malottke vom Wilhelm Busch Museum in Hannover, das den Nachlass des Künstlers verwahrt. Mit feinen Linien und geschliffenen Versen sei er am «Urknall» des Genres beteiligt gewesen: «Das war ein Quantensprung.»

Zudem, sagt Brunngraber-Malottke, habe Busch ein völlig neues Kinderbild geschaffen. Statt engelsgleichen Wesen träten bei ihm autonome Gestalten auf, «die völlig frei über ihr eigenes Tun und Treiben entscheiden».

Tausend Ölbilder und viele unter Verschluss

Mit seiner Malerei kommt Busch dagegen nicht so richtig weiter. Zwar malt er im Laufe seines Lebens mehr als tausend Ölbilder - Landschaften, Tiere, Porträts in niederländischem Stil. Doch die meisten hält er unter Verschluss. Viele vernichtet er sogar. Lebenslang hat Busch an seinem Maltalent gezweifelt.

So bleibt er bei seinen Bildergeschichten, als er mit 40 Jahren zurück nach Wiedensahl zieht. Weitere Werke wie «Die fromme Helene» entstehen im geräumigen Pfarrhaus des Ortes, in dem Busch fortan zurückgezogen mit seiner Schwester Fanny und seinem Schwager lebt, dem evangelischen Pastor Hermann Nöldeke. «Die Stille des alten Pfarrhauses tut mir wohl», notiert er - auch hier befindet sich heute ein Museum. Als sein Schwager stirbt, lässt Busch für sich und Fanny das Pfarrwitwenhaus herrichten. Für seine Neffen nimmt der eingefleischte Junggeselle und starke Zigarrenraucher nun die Vaterrolle ein.

Mit tiefschwarzem Humor und treffsicheren Reimen spießt Busch die Doppelbödigkeiten und Heucheleien der bürgerlichen Gesellschaft auf. Viele seiner Zweizeiler werden zu Sprichwörtern: «Es ist ein Brauch von Alters her: Wer Sorgen hat, hat auch Likör!», dichtet er. Und wie in modernen Comics lautmalert er bereits: «Rickeracke! Padautz! Schnippdischnapp!»

Und Museumsleiterin Frauke Quurck sieht bei Busch noch eine Idee, die immer wieder aufgegriffen wurde: «Interessant ist, dass das Motiv des Zwillingspaars von zwei Schlingeln später immer wieder aufkommt.» Fix und Foxi, Laurel und Hardy, Ernie und Bert - sie wirken wie ein ferner Widerhall dessen, was einst mit Max und Moritz begann. Im Januar 1908 ist Wilhelm Busch im Pfarrhaus seines Neffen Otto Nöldeke in Mechtshausen am Harz gestorben. Er hinterließ ein Vermögen. (epd)

Öffnungszeiten Busch-Museen in Wiedensahl: Mittwoch bis Sonntag von11 bis 17 Uhr
Öffnungszeiten Museum Wilhelm Busch in Hannover: Dienstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr

Autor:

Katja Schmidtke

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