BSW
Vage in Sachen Kirchen und Religion

Foto: epd-bild/Christian Ditsch

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist der Newcomer in der deutschen Parteienlandschaft. Auch wenn es derzeit in Umfragen zur Bundestagswahl nur noch bei um die fünf Prozent liegt, hat das BSW seit seiner Gründung im Januar 2024 doch bemerkenswerte Erfolge hingelegt. Es ist inzwischen in fünf Parlamenten vertreten: Nach der Abspaltung von der Linkspartei als Gruppe im Bundestag, seit Juni im Europaparlament und bei den Landtagswahlen im September zog es mit zweistelligen Ergebnissen in die Landtage von Sachsen, Thüringen und Brandenburg; in beiden letztgenannten sogar als Koalitionspartner in Regierungsverantwortung.

Von Karin Wollschläger (KNA)

Das BSW bedient sowohl linke wie konservative Positionen. Zum einen mit einer linken Sozial- und Wirtschaftspolitik, die für mehr staatliche Eingriffe in die Wirtschaft votiert, aber auch für einen Vorrang gemeinnütziger Anbieter in der Pflege und im Sozialbereich. Zum anderen fährt die neue Partei in Sachen Migrationspolitik einen sehr restriktiven Kurs. Auch in Fragen etwa zu sexuellen Minderheiten bezieht das BSW konservative Positionen und lehnt etwa das Selbstbestimmungsgesetz ab, das eine einfachere Änderungen des Geschlechtseintrags im Pass ermöglicht, und seit 1. November in Kraft ist.

Vage in Sachen Kirchen und Religion

Mit Blick auf das Thema Kirchen und Religion bleibt das BSW bislang sehr vage. In seinem Programm zur Bundestagswahl finden sich keinerlei religionspolitische Äußerungen. Parteichefin Wagenknecht, auf die die Partei passgenau zugeschnitten ist und die alle Fäden dominant in der Hand hat, wuchs in der DDR auf und bezeichnet sich als Atheistin. Wegen ihrer Positionen zur DDR-Vergangenheit und ihrer Zugehörigkeit zur Kommunistischen Plattform innerhalb der Links-Partei war sie schon früher aus kirchlichen Kreisen immer wieder kritisiert worden. Allerdings hat sie mit ihrem Ehemann Oskar Lafontaine einen Partner an der Seite, der aus einer tief katholischen Familie stammt und für sein Studium ein Stipendium des bischöflichen Cusanuswerks erhalten hatte.

Zudem stehen in Thüringen und Brandenburg die jeweiligen BSW-Landeschefs den Kirchen durchaus offen gegenüber. Katja Wolf, die sich selbstbewusst gegenüber Wagenknecht behauptet, ist den Kirchen als langjährige populäre Oberbürgermeisterin von Eisenach, dort noch mit Linken-Parteibuch, gut vertraut und wird geschätzt. Sie ist zwar ungetauft, steht dem Christentum aber sehr offen und interessiert gegenüber.

In Brandenburg steht mit Robert Crumbach ein ausgetretener Katholik aus Westdeutschland an der BSW-Spitze. Er ist kirchlich sozialisiert, war Messdiener und hatte nach eigenem Bekunden eine Großtante und einen Großonkel in leitender kirchlicher Funktion. Anfang der 2000er Jahre trat er aus Unzufriedenheit mit der Institution aus. Crumbach zeigt sich Kirchenvertretern gegenüber aber durchaus zugewandt, hat aber auch ein sehr enges Verhältnis zu Wagenknecht.

Klare Absage vom Bischof

Und wie halten es die Kirchen mit dem BSW? Bei der katholischen Deutschen Bischofskonferenz reagierte man auf Nachfrage zurückhaltend. Allerdings hatte der Vorsitzende, Bischof Georg Bätzing, kurz vor den Landtagswahlen dem BSW angesichts der erklärten Putin-Nähe eine klare Absage erteilt. Er verwies auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, bei dem Tausende Menschen starben: "Wer angesichts dessen mit Putin sympathisiert, hat für mich keine politische Autorität und gefährdet zentrale demokratische und völkerrechtliche Grundsätze und unsere europäische Friedensordnung."

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat sich noch nicht offiziell zum Bündnis Sahra Wagenknecht positioniert. "Für eine abschließende Bewertung der Politik des BSW auf Bundesebene ist es noch zu früh", hieß es auf Nachfrage. "Die Voraussetzungen dafür wären erst gegeben, wenn sich das noch junge Bündnis in jeder Hinsicht inhaltlich klar konturiert positioniert hat." Mit der PDS und späteren Linkspartei vermied die EKD in den 1990er und 2000er Jahren jeglichen offiziellen Kontakt.

Prominente evangelische Parteizugänge

Interessant sind einige prominente Parteizugänge von evangelischer Seite: Horst Gorski, bis zu seinem Ruhestand im Sommer 2023 theologischer Vizepräsident des EKD-Kirchenamtes, machte im August sein Engagement für das BSW öffentlich. "Ich finde es gut, dass es eine neue politische Kraft gibt, die eine Repräsentationslücke füllt, in die bislang nur die AfD reingegangen ist", sagte er der FAZ.

Im BSW-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern teilen sich den Vorsitz Friedrich Straetmanns, Staatssekretär im Landesjustizministerium und seit 2021 von der Kirchenspitze berufenes Mitglied der EKD-Synode, und die bisherige Ökumene-Pfarrerin der Nordkirche, Melanie Dango. Beide - wie auch Gorski - kritisieren die Waffenlieferungen an die Ukraine. Und tatsächlich gibt es Anknüpfungspunkte mit Teilen der kirchlich-pazifistischen Friedensbewegung, die aber ihrerseits auch innerkirchlich in der Kritik steht.

Keinerlei Zustimmung bei den Kirchen dürfte indes die restriktive Migrationspolitik des BSW finden, das auf Wahlplakaten mit dem Slogan "Unser Land wünscht sich weniger Migration" für sich wirbt. Künftig soll laut BSW-Wahlprogramm jeder Geflüchtete, der aus einem sicheren Drittstaat nach Deutschland einreist, kein Recht auf Aufenthalt und damit auch keinen Anspruch auf ein Asylverfahren in Deutschland und Sozialleistungen haben. Für die Kirchen sind solche Forderungen ein No-Go und stehen der christlichen Vorstellung einer humanitären Asylpolitik diametral gegenüber.

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