Wort zur Woche
Schlangestehen für den Frieden
Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Matthäus 5, Vers 9
Gedankenexperiment: Wir befinden uns an einem besseren Ort. Himmlischer Lohn wird verteilt nach den Vorgaben der Seligpreisungen. Einer der Schalter bedient "Die-arm-sind-im-Geiste", je ein anderer Trauernde, Mitleidige, Friedensstifter. Wenn Sie die Wahl hätten, sich nach vollendetem Lebenslauf bei einem der Schalter anzustellen – welcher wäre das?
Von Gregor Heidbrink
Ich rate: Bei den Friedensstiftern ist die Schlange am längsten. Denn „Frieden stiften“ ist etwas Aktives. Im Unterschied zu Dingen, die einem einfach zustoßen. Arm im Geiste: Kurze Schlange, kaum Theologen. Frieden stiften erweckt den Eindruck, man könne was tun. Und Gottes Kind sein. Deshalb ist die populäre Übersetzung irreführend. Denn Jesus redet nicht zu neutralen Dritten.
Nichts gegen den Idealismus, mit dem Politiker in teils sogar christlichem Sendungsbewusstsein durch die Welt reisen, um Schlimmeres zu verhindern. Obwohl: Auf ein Steinmeier-Denkmal in der Ukraine können wir lange warten. Nichts gegen Empathie beim Ansehen der Nachrichten. Bloß Schande über wohlgenährte Ratgeber, die zu Protokoll geben, sie könnten die Bilder schwer ertragen! Ihr seid Freunde Hiobs, die vergessen haben, wann es gut ist, die Klappe zu halten. Jesus lehnte es ab, Schlichter zu spielen. Er enttäuschte die Erwartungen vieler Zeitgenossen durch Seligpreisungen an die Schwachen. Die Seligpreisungen sind kein Angebot zu moralischen Geschäften mit Gott. Sie sind Zusagen. Ihr Sinn ergibt sich aus Opferperspektive. Ich muss meinen Frieden machen – das sage ich, wenn mir die Kraft zum Streiten fehlt. Oder anerkennend, dass weiteres Streiten den Schaden nur vergrößert.
Wirklich Frieden machen ist nur möglich durch ein Strecken der Waffen. Ich muss meinen Frieden machen mit meinem Altern oder mit den Entscheidungen meiner Kinder. Aber im Aufgeben und in der Niederlage bin ich Kind Gottes. Wie hat der Sohn Gottes Frieden „gestiftet“? Durch seine Kapitulation. Durch Opferbereitschaft (Kolosser 1, Vers 20). Selig sind, die Frieden schließen.
Der Autor ist Superintendent des Kirchenkreises Apolda-Buttstädt.
Autor:Online-Redaktion |
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