Predigttext
Wie Gott schreibt
"Ist doch offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid durch unsern Dienst, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes."
2. Korinther 3, Vers 3
Zwischen hässlichen Narben, frischen Verletzungen, verbitterten Verhärtungen und vor Scham verkrampften Stellen stehen dort diese Worte. In wunderschöner kalligrafischer Verschnörkelung hat sie uns Gott selber ins Herz geschrieben. Nicht hinter die Ohren, dass wir zusammenzucken. Auch nicht eingebrannt wie die bitteren Erfahrungen. Nicht mit dem Meißel eingehämmert wie die fest verinnerlichten Lebenslügen.
Nein, diese Worte des lebendigen Gottes schwingen sich unendlich zart, aber deutlich über unser Herz. Gottes Schreiben – mehr ein warmer sanfter Atem als das Kratzen eines Stiftes. Wie eine Salbe, wie eine wohltuende Massage. Wo seine Linien über unser Herz fahren, da verschwinden die Furchen. Da, wo Gottes Hand geschrieben hat, beginnen die Verkrampfungen sich zu lösen und die Schnitte zu heilen. „Hab keine Angst. Vertrau mir. Ich sorge für dich. Für dich gebe ich alles,“ steht da. „Ich bin mächtiger als Alles. Am Ende siegt das Leben.“ Ausschnitte aus dem Brief, den der lebendige Gott bei jeder und jedem von uns schreibt, anhand unserer eigenen Lebensgeschichte.
Es geschieht, spätestens bei der Taufe. Bei jedem Segen, jedem Zuspruch, bei Predigten und Andachten, im stillem Gebet mit Kerze, beim Empfang des Abendmahls, durch ein ehrliches oder herzliches Wort. Gott schreibt uns als seinen Brief. Damit wir gelesen werden, als seine Botschaft in dieser Welt: Hoffen, auch wenn alles düster scheint. Einander beistehen, wenn viele bei sich bleiben. Menschen sehen von Gott her. An den biblischen Geboten der Menschlichkeit festhalten, wenn Worte einen frieren lassen.
Ob uns das gelingt? Wir sind doch nicht anders als andere von den kleinen Freuden, Herausforderungen, Umständen und dem Alltag umgeben. Entscheidend ist, und darauf können wir uns verlassen: Wir sind zwar der Brief. Manchmal zerknittert, manchmal beschmiert und manchmal eingerissen. Aber ihn schreiben, das macht der lebendige Gott.
Pfarrer Philipp Pohle, Kreuztanne
Autor:Online-Redaktion |
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