Die gute Nachricht
Gottes Wort wiegt 15 Kilo
Diese Bibel ist kein Buch wie jedes andere. Wer diese Bibel liest, erfährt nicht nur, dass Gottes Wort lebendig und voller Kraft ist.
Von Reiner Schmalzl
Denn in dem vor 30 Jahren wieder aufgebauten und neu belebten Kloster Volkenroda im Kirchenkreis Bad Frankenhausen-Sondershausen führt ein ganz besonderes Exemplar natürlich zu Jesus Christus, aber auch zu vielen Menschen aus jetziger Zeit. Das Werk mit dem Neuen Testament sowie das dazugehörige Buch mit den Psalmen haben sage und schreibe 250 Laien, Ordensleute, Priester und Bischöfe beider Konfessionen aus ganz Deutschland sowie Österreich, der Schweiz, Italien, Frankreich und England handschriftlich verfasst.
Wenn Ulrike Köhler von der Jesus-Bruderschaft die außergewöhnliche Bibel aus dem Regal nimmt, sind die Gäste gleich beim Blättern der ersten Seiten fasziniert. Die Handschriften sind entweder geschwungen, gediegen, mehr oder weniger zierreich und wirken manchmal fast wie gedruckt. Verschiedene Seiten sind zudem durch biblische Symbole und Szenen kunstvoll illustriert, deren Schöpfer sich wiederum anonym und bescheiden im Hintergrund halten.
„Irgendein Gast, wohl ein Pfarrer, hatte uns einst auf die Idee zu dieser handgeschriebenen Bibel gebracht“, erinnert sich sie ordinierte Prädikantin aus Volkenroda. Das muss so vor sieben, acht Jahren gewesen sein. Dann habe man die leeren Seiten gleichzeitig in verschiedene Klöster und in andere Orte geschickt. Die ersten Kapitel sollten nämlich traditionell in Klostermauern geschrieben werden. Dazu wählte man die von Volkenroda aus gegründeten Tochterklöster in Waldsassen (1133), Reifenstein (1162), Loccum (1163) und Dobrilugk (1165) aus. Um 1130/31 hatte die europaweite Erneuerungsbewegung der Zisterzienser das thüringische Volkenroda erreicht. Zu Pfingsten 1150 wurde die dortige Klosterkirche dann durch den Mainzer Erzbischof geweiht.
So beginnt die Apostelgeschichte des Lukas mit Zeilen von Äbtissin Laetitia Fech aus der Zisterzienserinnen-Abtei Waldsassen in Bayern. Es schließen sich Olivia Hahn aus Mühlhausen, Frank David aus Leipzig und Mühlhausens früherer katholischer Stadtdechant Gregor Arndt an. Das Matthäusevangelium wiederum leitet Pater Thibaud aus dem französischen St. Nicolas ein. Mit Thüringens ehemaligem Ministerpräsidenten Bernhard Vogel hat es sich auch ein Politiker nicht nehmen lassen, beispielsweise das Kapitel 13 des Matthäusevangeliums niederzuschreiben. Darin heiß es sehr vielsagend: „Wenn einer Ohren hat, so höre er.“
„Wer einmal Absätze aus der Bibel selber schreibt, dem prägen sich die Texte viel besser und vielleicht für immer ein“, will Ulrike Köhler erfahren haben. „Die verschiedenen Handschriften machen diese Bibel zu etwas Besonderem und Einzigartigem“, schwärmt die 66-Jährige. In ihren persönlichen Zeilen würden sich aber auch der jeweilige Charakter und die Gedanken der Mitwirkenden widerspiegeln, will schon so mancher interessierte Leser bemerkt haben.
Als die insgesamt 863 beschriebenen Seiten der Mega-Bibel dann nach und nach im Kloster Volkenroda eingetrudelt waren, wurde das Werk im A 3-Format gebunden. Es ist 16 Zentimeter stark und bringt es auf etwas mehr als 15 Kilogramm.
Während die ungewöhnliche Bibel nicht für den öffentlichen Gebrauch bestimmt ist, gibt es im Christus-Pavillon des Klosters eine frei zugängliche internationale Bibelsammlung.
Autor:Online-Redaktion |
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