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Mehr Demenzkranke: Pflegepersonal muss umdenken

Demente Patienten brauchen besondere Zuwendung. | Foto: Foto: epd-Bild/Kay Michalak
  • Demente Patienten brauchen besondere Zuwendung.
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In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Menschen mit Demenz weltweit erheblich erhöht. Die steigenden Zahlen erfordern sowohl strukturelle Anpassungen als auch spezifische Schulungen für das betreuende Personal, sagt Tino Prell, Professor für Geriatrie an der Universitätsmedizin Halle. Oliver Gierens hat mit ihm gesprochen.

Wie hat sich die Zahl der dementen Patienten in den vergangenen Jahren verändert?
Tino Prell: Die Zahl der Demenzerkrankungen ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) litten im Jahr 2020 weltweit etwa 50 Millionen Menschen an Demenz.
Diese Zahl soll sich bis 2050 aufgrund der alternden Bevölkerung fast verdreifachen. In Deutschland lebten im Jahr 2020 rund 1,6 Millionen Menschen mit Demenz, Tendenz steigend. Die Hauptursache für diesen Anstieg ist die demografische Entwicklung: Durch die zunehmende Lebenserwartung steigt auch das Risiko, an Demenz zu erkranken. Studien zeigen, dass etwa jeder fünfte Mensch über 85 Jahren von einer Form der Demenz betroffen ist.

Was sind die größten Herausforderungen im Umgang mit dementen Patienten?
Eine der größten Schwierigkeiten ist der Umgang mit den kognitiven Einschränkungen und Verhaltensauffälligkeiten der Patienten. Betroffene verlieren nach und nach die Fähigkeit, sich an Alltägliches zu erinnern, Entscheidungen zu treffen oder sich räumlich und zeitlich zu orientieren. Hinzu kommen häufig Verhaltensänderungen wie Ängstlichkeit oder Apathie, die den Umgang erschweren.
Ein weiteres Problem ist die körperliche Pflege der Patienten, die im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung häufig bettlägerig werden und eine intensive Betreuung benötigen. Die psychische Belastung für das Pflegepersonal ist hoch, da es auch emotional auf die Bedürfnisse der Patienten eingehen sollte. Zudem stehen die Pflegeeinrichtungen vor logistischen Herausforderungen.
Die Sicherstellung einer kontinuierlichen Betreuung, die Vermeidung von Unter- oder Überforderung der Patienten und die Koordination mit Angehörigen erfordern eine gute Organisation und ausreichend geschultes Personal.

Wie bereiten Sie Ihre Mitarbeiter auf diese besondere Aufgabe vor?
In modernen Pflegeeinrichtungen liegt ein besonderer Fokus auf dem Umgang mit demenziell erkrankten Menschen. Schulungen umfassen sowohl theoretisches Wissen über die Krankheit als auch praktische Fähigkeiten im Umgang mit den Patienten. Ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung ist das Erlernen von Kommunikationsstrategien, die den Bedürfnissen der Demenzkranken gerecht werden.
Pflegekräfte müssen lernen, sich auf das reduzierte Sprachvermögen der Patienten einzustellen und nonverbale Kommunikationsformen zu nutzen. Einfühlungsvermögen und Geduld sind essenziell, um eine vertrauensvolle Beziehung zu den Patienten aufzubauen. Die steigende Zahl der Erkrankten erfordert nicht nur eine Anpassung der Versorgungsstrukturen, sondern zugleich auch ein hohes Maß an sozialer Kompetenz und Empathie. Nur durch umfassende Schulungen und eine gute Arbeitsorganisation kann den Bedürfnissen dieser besonderen Patientengruppe adäquat begegnet werden. 

Weitere Beiträge:

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Autor:

Oliver Gierens

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