Jena: Bonhoeffer-Gemeinde im neuen Domizil
Sonntagsruhe in der Laden-Kirche
Wie Christus zu den Menschen ist die Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde mitten in den Stadtteil Jena-Winzerla gekommen. Durch den Verlust ihres bisherigen Gemeindezentrums in der Anna-Siemsen-Straße blieb nur der Umzug in einen Laden mit einer Schaufensterfront. „Der liebe Gott hat uns auf den Marktplatz von Winzerla geschickt“, sagt Pastorin Friederike Costa mit einem augenzwinkernden Lächeln.
Von Doris Weilandt
Es habe großer organisatorischer und finanzieller Anstrengungen bedurft, um den Laden in ein Gemeindezentrum umzubauen. Eine Wand musste eingezogen werden, um das Büro abzutrennen. Schallschutz wurde an der Decke und unter dem Fußboden eingebaut. Noch ist nicht alles fertig, doch Friederike Costa hat ihren Platz bezogen. Von ihrem Büro schaut sie auf vorbei eilende Menschen. Umgekehrt sehen diese die Pastorin im Schaufenster. Einige klopfen an und fragen nach, was im Innern geschieht. Winzerla ist eine Großsiedlung aus den 1970er- und 80er-Jahren. Das Zentrum des Stadtteils bildet die „Wasserachse“, eine grüne Lebensader.
Das Konzept für den Laden hat eine Arbeitsgruppe der Bonhoeffer-Gemeinde erarbeitet, an der die Pastorin beteiligt war. Vorgesehen sind ein Sozialcafé, gemeindliche Veranstaltungen für unterschiedliche Gruppen und ein Vorlesekreis für Vorschulkinder. „Wir träumen davon, dass Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr Menschen eine offene Tür vorfinden“. Dazu braucht es ehrenamtliche Unterstützung und Engagement.
Ein Vorbild für diese Arbeit ist das „Experiment Ladenkirche“, das der Theologe Ernst Lange in dem 1960er-Jahren in Berlin-Spandau initiierte. Diese Form gilt als eine der ersten programmatischen Versuche, in den entkirchlichten Alltag eines Wohngebietes mit sozialen und diskursiven Angeboten vorzudringen. Die erste Zusammenkunft, die die Bonhoeffer-Gemeinde am neuen Standort organisiert hat, dient der Unterstützung und Verständigung mit anderen Stadtteilakteuren.
Bereits vor der großen Flüchtlingswelle 2015 gründete sich von der Gemeinde ausgehend ein Freundeskreis für Geflüchtete. Als die Unterkünfte nicht mehr reichten und in Winzerla eine Turnhalle eingerichtet werden musste, übernahmen sie eine Willkommenskultur, die vom gemeinsamen Kochen bis zum Sprachkurs reichte. Einige Geflüchtete sind geblieben und haben sich von Friederike Costa taufen lassen, darunter eine albanische Familie mit Vierlingen. Sie haben sich schon im neuen Gemeinde-Laden umgeschaut. „Beim Hinausgehen stand ein syrischer Vater vor der Tür und fragte, ob das eine Gemeinde ist, in der man beten kann“, erzählt Friederike Costa. Es stellte sich heraus, dass er Christ ist und ein Zuhause für seinen Glauben sucht.
Das sind Begegnungen, die die Pastorin hoffen lassen. Der Verlust ihres bisherigen Gemeindezentrums in der Anna-Siemsen-Straße bedeutet, dass nun keine Gottesdienste mit Gesang gefeiert werden dürfen. Der neue Mietvertrag beinhaltet „Sonntagsruhe“ wegen der anderen Mieter im Haus.
Die 15 Meter lange Schaufensterfront begreift Friederike Costa demgegenüber aber als Chance: „Christus strahlt in den Stadtteil. Ich kann christlichen Geist und christliche Gesinnung in Wort und Tat zeigen“. In der Vorweihnachtszeit wird eine Krippe aufgebaut, die jeden Tag wachsen kann. Sichtbares Zeichen der Gemeinde wird eine Christusikone aus Taizé. Durch entsprechende Beleuchtung wird sie künftig nachts leuchten und die Botschaft verkünden, dass die Gemeinde im Zentrum des Stadtteils angekommen ist.
Autor:Online-Redaktion |
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