Trend: Träger-Verbünde unterstützen Kirchengemeinden beim Betrieb ihrer Kindergärten
Die Kindergarten-Profis
Fachkräftemangel, ein sanierungsbedürftiges Dach und ständig neue staatliche Vorschriften – im rheinland-pfälzischen Gundersheim hatten Annemarie Handrich und ihre fünf Mitstreiter vom Kirchenvorstand in den vergangenen Jahren alle Hände voll zu tun mit dem evangelischen Kindergarten. Die Politik mache es immer schwerer, eine Kindertagesstätte zu betreiben, bedauert die Rentnerin. Daher habe es sogar schon Überlegungen gegeben, die Kita abzugeben: »Das kann man als Ehrenamtlicher nicht mehr stemmen.« Doch es kam anders.
Seit einem Jahr wird die Kita mit ihren 65 Kindern von einer »Gemeindeübergreifenden Trägerschaft (GüT)« verwaltet. Von den zehn Kitas im evangelischen Dekanat Alzey schlossen sich acht der neuen Struktur an, die die Gemeinden vor Ort entlasten und für ein professionelles Management sorgen soll. Gerade kleinere Gemeinden mit Kindergarten hätten bei einem anstehenden Pfarrerwechsel immer größere Probleme bekommen, Bewerber für ihre Pfarrstelle zu finden, so die Alzeyer Dekanin Susanne Schmuck-Schätzel.
Nun nimmt Sergej Wolsiffer den Kirchenvorständen der Umgebung viele Sorgen ab. Er kümmert sich um kleinere Baumaßnahmen, Personalgespräche, um Beschwerden über
das Mittagessen oder die ordnungsgemäße »Infektionsschutz-Erstbelehrung«. Dass die kirchlichen Kindergärten mit einer Stimme sprechen, verschaffe ihnen zusätzliches Gehör in Ämtern und bei Politikern, sagt Wolsiffer.
»Seit 15 Jahren sind die inhaltlichen, organisatorischen und gesetzlichen Anforderungen enorm gestiegen«, erklärt Ralf Haderlein, Professor für Sozialmanagement an der Hochschule Koblenz. »Professionelles Management wird immer wichtiger.« Mit ehrenamtlichen Strukturen sei das zwar möglich, erfordere aber enorme Kompetenz und großen Aufwand.
Mit der Entscheidung zur »GüT« liegen die Protestanten aus der ländlichen Region südlich von Mainz im bundesweiten Trend. Kirchliche Trägergesellschaften für Kindergärten sind kein ganz neues Phänomen. Als Vorreiter gilt das katholische Bistum Trier, wo es gemeindeübergreifende GmbHs schon seit 20 Jahren gibt. Das Bistum Essen gründete einen Kindergarten-Zweckverband, dem mittlerweile knapp 270 Kindergärten angehören. Die evangelische Kirche in Bayern wiederum hat Gemeinden mit Kindergarten mit Mitteln ausgestattet, womit einzelne Verwaltungsdienstleistungen von den Gemeinden eingekauft werden können.
Reibungslos laufen Zusammenschlüsse nicht immer. Die Gemeinden haben oft Angst, sie müssten künftig nur noch zahlen – ohne weiter mitreden zu können. In Alzey mussten die Verantwortlichen auch Vorbehalte der Erzieherinnen entkräften, die befürchteten, künftig zwischen den Einrichtungen je nach Bedarf hin- und herversetzt zu werden. Inzwischen funktioniert die Zusammenarbeit der kirchlichen Kindergärten im rheinhessischen Hügelland besser – so gut, dass schon erste Dorfbürgermeister nachgefragt haben, ob kommunale Kitas auch bei der kirchlichen »GüT« mitmachen dürfen.
Karsten Packeiser/epd
Autor:Online-Redaktion |
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