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Von New York nach Bamberg
Auf zwei Seiten

Erinnerungsstück: Im vergangenen Jahr stand Miriam Groß’ Osterkrippe noch in New York. Dieses Jahr wurde sie in Bamberg aufgebaut.  | Foto: Fotos (3): privat
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  • Erinnerungsstück: Im vergangenen Jahr stand Miriam Groß’ Osterkrippe noch in New York. Dieses Jahr wurde sie in Bamberg aufgebaut.
  • Foto: Fotos (3): privat
  • hochgeladen von Mirjam Petermann

Vor einem Jahr schrieb Miriam Groß über das erste Ostern im Corona-Modus als Pfarrerin in New York. Seit Januar ist sie zurück in Deutschland und arbeitet nun als Polizeiseelsorgerin in Bamberg.

Von Miriam Groß

Der hellbraunen Verpackung sah man die Strapazen der vielen Umzüge deutlich an. Ich öffnete vorsichtig den Karton und schälte die einzelnen Teile unserer Osterkrippe vorsichtig aus dem Karton heraus. Während ich Jesus auf dem Esel in die Mitte des Weges platzierte und von einer jubelnden Menge an hölzernen Figuren umgab, waren mir plötzlich die Erinnerungen an das letzte Osterfest vor Augen.
New York, die Stadt, die niemals schläft, war vor einem Jahr zur erzwungenen Ruhe durch das Corona-Virus gekommen. Die Bilder der Kühllaster vor den Krankenhäusern, aber auch der tröstende Anblick des US-Navy Schiffs USNS Comfort hatten sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt. Sechseinhalb Jahre Auslandsdienst in New York haben mich sehr verändert. Besonders das letzte Jahr hat mich vor ungeahnte Herausforderungen gestellt und war zum bis jetzt intensivsten Dienstjahr meiner Pfarrtätigkeit geworden.

Auf die Digitalisierung kirchlicher Angebote war ich aufgrund der großen Fläche meiner Auslandsgemeinde, die sich über drei US-amerikanische Staaten erstreckte, gut vorbereitet gewesen. Online-Konferenzen sowie digitaler Konfirmandenunterricht waren seit geraumer Zeit Bestandteil meines Pfarr-alltages gewesen, aber die über uns hereinbrechenden dienstlichen Herausforderungen stellten mich vor neue Fragestellungen, die den Kern von Kirche berührten. Im Mittelpunkt stand für mich die grundlegende Entscheidung, dass Kirche dort sein musste, wo sie gebraucht wurde.

Zunächst trat meine Gemeinde und deren Versorgung in den Mittelpunkt. Zusätzlich zu den bestehenden digitalen Angeboten, versuchte ich, die Gemeinschaft durch digitale Abendgebete und Agapefeiern zu stärken. Daneben war die Notwendigkeit einer seelsorgerlichen Begleitung von Familien, die von Corona betroffen waren, ein wichtiger Tätigkeitsschwerpunkt. Bis dato hatte ich stets Zutritt zu Sterbebetten erhalten und konnte uneingeschränkt eine Begleitung anbieten. Noch gut erinnere ich mich an ein Telefonat, in dem ich einem Angehörigen eröffnen musste, dass ich dessen Mutter aufgrund der infektionsmedizinischen Sicherheitsmaßnahmen nur telefonisch begleiten könne. In anderen Situationen konnte ich die Klinikleitungen von einem kurzen Besuch unter massiven Hygienevorkehrungen überzeugen.

Meine Tätigkeit bei der jüdischen Tafel „Kol Ami“ war in diesem Jahr ein besonderer Segen. Hier arbeitete ich Hand in Hand mit jüdischen Glaubensgeschwistern, die teilweise Nachfahren von Holocaust-Überlebenden waren. Die gemeinsame Sorge um die in Not gekommenen Nächsten schweißte uns zu einer besonderen Dienstgemeinschaft zusammen.

Als George Floyd durch die Handlungen von Polizisten zu Tode gekommen war, entlud sich ein Zorn über den immer noch vorherrschenden Rassismus, der alle gesellschaftlichen Ebenen durchdrang, in riesigen Demonstrationen gegen Polizeigewalt. Als Ortspfarrerin und ehrenamtliche Seelsorgerin des New York Police Departments (NYPD) verstand ich beide Seiten gut, und das stellte mich im heißen Demonstrationssommer 2020 vor eine große Zerreißprobe. Ich kannte viele Polizistinnen und Polizisten, die selbst eine dunkle Hautfarbe hatten und durch ihre berufliche Tätigkeit innerhalb des Systems eine Veränderung zu einer gerechten Struktur herbeiführen wollten. Gerade für sie war es hart, denn viele Demonstranten erkannten hinter der Uniform nicht den Menschen.
Gewalt gegen Polizisten ist diesseits und jenseits des Atlantik zu spüren. Erst vor kurzem wurde in Berlin-Köpenick ein Bundespolizeimeister vor seinem Haus angegriffen. Als Seelsorgerin, die Brücken bauen will, wünsche ich mir, dass wir in einander Gottes Ebenbild erkennen – egal, welcher Herkunft, welcher Hautfarbe, ob mit oder ohne Uniform. Allen steht das gleiche Recht, die gleiche Würde zu.

Nun bin ich seit Februar Seelsorgerin im Aus- und Fortbildungszentrum der Bundespolizei in Bamberg. Mit diesem beruflichen Wechsel durfte ich das mir ans Herz gewachsene Ehrenamt zum Hauptamt machen. In Bamberg als dem größten Ausbildungszentrum der Bundespolizei werden ca. 3000 Auszubildende im Alter von 16 bis Mitte 30 Jahre ausgebildet, die die gesellschaftliche und multikulturelle Vielfalt Deutschlands und Europas widerspiegeln. Gemeinsam mit dem katholischen Kollegen bereite ich die Auszubildenden im berufsethischen Unterricht auf die verschiedenen Entscheidungssituationen ihres Dienstes vor und begleite sie und alle vor Ort tätigen Personen seelsorgerlich.
Nachdenklich schob ich in unserer Osterkrippe die Jesus-Figur auf dem Esel an den Anfang des Weges, der zum Jerusalemer Tor führt. Die Zukunft ist stets unbekannt, doch mit Gottes Hilfe und seiner Begleitung können wir den Weg zuversichtlich gehen. Das ist meine Hoffnung für dieses zweite pandemische Osterfest.

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Autor:

Online-Redaktion

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