Südthüringen
Archäologen entdecken Pfarrkirche aus dem 9. Jahrhundert

Foto:  epd-bild/Paul-Philipp Braun

Archäologen haben bei Jüchsen eine der ältesten Kirchen in Südthüringen ausgegraben. Noch stellt der Fund die Forschenden vor viele Rätsel. So ist nicht einmal der Name des Ortes überliefert. Dabei war er wohl seit der Bronzezeit besiedelt.

Jüchsen (epd). Zwischen den Südthüringer Orten Jüchsen und Queienfeld haben Archäologen die Reste eines bislang unbekannten Dorfes gefunden. Unter anderem seien Fundamente einer Saalkirche aus dem 9. oder 10. Jahrhundert ausgegraben worden, sagte der Gebietsreferent des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie, Mathias Seidel, am Freitag vor Ort. Bislang konnten die Wissenschaftler ein Gehöft, Wohn- und Speichergebäude sowie Backöfen oder Darren identifizieren.

Die Entdeckung einer solch frühen Pfarrkirche ist laut Seidel „spektakulär für die Region“. Erst ein Jahrhundert zuvor sei das heutige thüringisch-bayerische Grenzgebiet kirchenorganisatorisch überhaupt erschlossen worden. Die Kirche habe unmittelbar neben einem Gräberfeld gelegen. Bislang konnten die Archäologen mehr als 100 Individuen auf dem Friedhof nachweisen. Noch aber sind die Grabungen nicht abgeschlossen.
Unter anderem wurden an dem Kirchgebäude Putzreste mit Rotbemalung als Zeugnisse der einstigen Innenausstattung geborgen. Nach Aussage Seidels bezeugt eine Holzkohleschicht im Chorbereich einen Brand, der sich aufgrund des Fundes von zwei Silbermünzen in der Ascheschicht auf die Zeit um 1200 datieren lasse. Diese könnten dem Würzburger Bischof Gottfried I. von Spitzenberg-Helfenstein (um 1132-1190) zugeordnet werden, seien aber zum Zeitpunkt des Brandes bereits sehr abgenutzt gewesen. Vermutlich sei die Kirche nach dem Feuer nicht mehr genutzt worden.

Unklar ist derzeit noch die Funktion eines Gebäudes mit ungewöhnlich dickem Mauerwerk im Fundamentbereich. Es könnte sich um ein frühmittelalterliches Herrenhaus handeln, sagte Seidel. Geklärt werden müsse auch, ob die Kirche oder das Dorf zuerst gebaut wurden.

Der umgebende Ort, dessen Name trotz intensiver Recherche bislang nicht identifiziert werden konnte, existierte vermutlich bis zum 14. Jahrhundert weiter. Möglicherweise handele es sich um einen Vorläuferort der bereits bekannten Wüstung Aroldshausen. Diese wurde um 1350 erstmals erwähnt, allerdings etwas entfernt von der Grabungsstelle, sagte Seidel.

Zum mittelalterlichen Fundgut zählt neben zahlreichen Eisenobjekten und einem verzierten Bronzeblech auch ein seltenes, vollständig erhaltenes spätmittelalterliches Pilgerzeichen. Dieses zeigt den gekreuzigten und mit einer Krone dargestellten Jesus und wird von den Archäologen auf das 14. Jahrhundert datiert.

Ebenfalls auf dem Grabungsfeld entdeckte Pfostenstandspuren nahe einer Quelle deuten auf eine bronze- bis eisenzeitliche Siedlung an diesem Ort hin. In den Grubenhäusern geborgene Keramiken, Feuersteine und eine Bernsteinperle stammen den Angaben zufolge vermutlich aus dem zweiten oder der ersten Hälfte des ersten vorchristlichen Jahrtausends.

Die Funde kamen beim Bau dreier Windkraftanlagen bereits im September 2024 zum Vorschein. Noch ist nicht geklärt, ob sie an Ort und Stelle erhalten werden können. Das Landesamt spricht sich dafür aus, die Funde wegen der großen regionalgeschichtlichen Bedeutung mit Erde abzudecken und für spätere Generationen zu verwahren.

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Online-Redaktion

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