Rezension
Lavafeld der Klänge

Ensemble für Intuitive Musik, bestehend aus (v.l.) Hans Tutschku, Daniel Hoffmann und den Brüdern Matthias und Michael von Hintzenstern | Foto: M. v. Hintzenstern
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  • Ensemble für Intuitive Musik, bestehend aus (v.l.) Hans Tutschku, Daniel Hoffmann und den Brüdern Matthias und Michael von Hintzenstern
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Anlässlich der Gründung des Ensembles für Intuitive Musik (EFIM) vor 44 Jahren, ist das Buch „Klänge des Augenblicks“ von Michael von Hintzenstern erschienen.

Von Doris Weilandt

Begonnen hatte alles mit dem Komponisten Karlheinz Stockhausen, mit dessen Werken der einstige "Glaube + Heimat"-Redakteur in den 1970er-Jahren in Berührung kam. Der Eiserne Vorhang hinderte ihn nicht, die Verbindung aufzunehmen.

Gleichzeitig beschäftigte sich von Hintzenstern mit der Idee des „work in progress“, ein Werk als nicht abgeschlossen zu betrachten, vielmehr als Station auf einem Weg. Über die intuitive Musik schreibt Stockhausen: „Das Merkwürdige bei dieser neuen Art, Musik zu machen ist ja, dass die moralische Verantwortlichkeit des Musikers unerhört viel höher ist, als bei aller Musik, wo man sagt, aha, das ist ein fis statt einem f.“

Zu den Gründungsmitgliedern von EFIM gehörten neben dem Spiritus Rector von Hintzenstern (Orgel, Harmonium, Klavier) sein Bruder Matthias (Violoncello), Mario Peter (Klarinette), Wigbert Schwabe (EMS-Synthesizer) und Hans Tutschku (Synthesizer und Live-Elektronik).

Neben der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Stockhausens Sohn Markus entwickelte das Ensemble neue Aufführungsformate, die Diskussionen über die Musik einschlossen. Ab 1988 fanden jährlich „Tage Neuer Musik in Weimar“ statt. Anlass für das erste Festival war der 60. Geburtstag Stockhausens mit 22 Werken, darunter mehrere DDR-Erstaufführungen. Neuland waren auch die Aufführungen der Ursonate von Kurt Schwitters, die ein begeistertes Publikum fanden. Auf dem Schlossvorplatz in Belvedere stellte das EFIM auch seine ersten Prozesskompositionen mit Live-Elektronik von Hans Tutschku vor, einen Dialog mit den Naturklängen aus der Umgebung.

Eigenen Formen von Parkmusik, Open Airs und besonderen Orten widmet sich ein eigener Beitrag im Buch. Auf einem Lavafeld in Mexiko entwickelte sich aus der Situation heraus ein musikalisches Miteinander im Nachdenken über die vier Elemente unter dem Titel „Eruption de sonidos – Ausbruch der Klänge“ – bei Vollmond. Danach erkundete das Ensemble den Steinbruch Ehringsdorf, den Englischen Garten in Meiningen, den Klangwald-Lichtgestein, Höhlen und Bergbauschächte. Durch Hans Tutschku, der sich mit acht-kanaliger Raumbeschallung beschäftigte, spielte die Bewegung der Klänge im Raum zunehmend eine Rolle, die zur Zusammenarbeit mit französischen Komponisten der akusmatischen Musik führte.

Das EFIM ging nach 1990 auf Konzertreisen in die ganze Welt. Größere Tourneen führten das Ensemble durch Europa, nach Südamerika und Indonesien. Im Buch ergänzen die Texte Zeitungsartikel, Briefe und Fotos, die der Herausgeber Michael von Hintzenstern mit großer Sorgfalt zusammengetragen hat. Dieses Kapitel neuester Musikgeschichte ist unbedingt lesenswert.

von Hintzenstern, Michael: Klänge des Augenblicks. 44 Jahre Ensemble für Intuitive Musik Weimar, 256 S., ISBN 978-3-00-078834-5; 44,00 Euro, Bezug über den Autor per E-Mail: michaelvonhintzenstern@gmail.com

hintzenstern.eu 

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