Rezension
Gesund beten statt gesundbeten

Foto: neukirchener-verlage.de

Gebet ist so wichtig! Aber auch so langweilig. Was macht man da? Hier setzt Christof Lenzen an mit dem seelsorgerlichen Ratgeber: „Gesund beten statt gesundbeten.“

Von Gregor Heidbrink

Heilsam ist schon, den Elefanten im Raum einmal anzusprechen: Christliche Spiritualität sollte befreiend und erbauend sein – häufig ist sie anstrengend oder macht sogar krank. Gottesbilder und Lehren, die in bestimmten Situationen wichtig sind, wirken zu anderen Gelegenheiten geradezu giftig.

Dort sieht Lenzen ein geistliches Minenfeld. Das Bild ist drastisch, aber Lenzen findet den richtigen Ton: unakademisch, vertraulich, gereift durch eigene Krisen und lange Erfahrung als Seelsorger und Traumatherapeut. Und im Blick auf manche verkorkste Glaubenshaltung trifft es leider zu: Unreflektierte Vorstellungen von Gottes Allmacht, von Gericht oder Hölle können ebenso in geistliche Verbitterung führen wie der Versuch, sämtliche Bibelaussagen in logische Systeme zu ordnen.

Als Lutheraner hätte mir gefallen, zusätzlich ein Kapitel zur Lehre vom „freien Willen“ zu lesen und den Nebenwirkungen, die sie vor manchen biografischen Hintergründen entfaltet. Denn, so Lenzen: Theologie ist zu achtzig Prozent Biografie. Welche Glaubenssätze wirksam werden zu Wohl oder Wehe, liegt in der eigenen Prägung. Hilfreich kann es sein, innere Stimmen hörbar zu machen. Dazu empfiehlt Lenzen den „inneren Hauskreis“, um Gefühle und Gedanken zu ordnen.

Das Jesus-Wort „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder …“ enthält eine befreiende Verheißung: Zur Kindheit gehört Entwicklung. Also gehören Entwicklungen und Wachstum zum Christsein. In diesem Sinne gibt Lenzen Werkzeuge und Ermutigungen weiter, die zu neuen Aufbrüchen ermächtigen.

Worin Lenzens Entwurf hervorsticht, ist die Haltung, von Gott bei aller Dekonstruktion wirklich etwas zu erwarten. Der kompromisslos liebende Gott will in unseren Gebeten wirksam werden. Klar ruft manches nach tieferer Debatte. Doch mit der Theologie ist es wie mit einer Autobahnbaustelle: Wenn man jahrelang nicht vorankommt, freut man sich über jeden, den man bei der Arbeit sieht. Darum ergeht die klare Leseempfehlung!
Die geistlichen Krisen, die Lenzen vor Augen hat, betreffen nicht nur den freikirchlichen Kosmos, wo er zu Hause ist. Vielmehr dürfte es eines der Kernprobleme unserer landeskirchlichen Gemeinden sein, dass heilmachende, lebendige Spiritualität bei uns nicht einmal mehr vermutet wird. Also, erinnern wir uns: „Wenn du dich langweilst im Gebet, dann langweilt Gott sich auch.“ 

Lenzen, Christof, Gesund beten statt gesundbeten. Wege aus toxischer Spiritualität, Neukirchener Verlagsgesellschaft, 255 S., ISBN 978-3761570265; 22,00 Euro

Autor:

Online-Redaktion

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