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Rezension
Mehr als ein Witzebuch

Die Bibel ist das meistverbreitete Buch der Welt. Glaubt man einer Umfrage des Meinungsforschungs-instituts Insa Consulere, machen die Menschen hierzulande davon allerdings wenig Gebrauch.

Von Willi Wild

Zwei Drittel der Deutschen lesen nie in der Bibel. Im Verbreitungsgebiet der Kirchenzeitung sind sogar 76 Prozent „Nie-Leser“. Leider gibt die Umfrage keine Auskunft darüber, ob sie es theoretisch könnten, weil eine Bibel-Ausgabe zumindest im Bücherschrank steht. Die Gründe, nicht zur Heiligen Schrift zu greifen, sind vermutlich vielfältig: die Sprache, der Inhalt, oder das Image. Passt das "Buch der Bücher" in die Lebenswirklichkeit? Ist die Bibel überhaupt als Schmöker im Strandkorb oder als Bettlektüre geeignet?
In den 1980er-Jahren warb die Bild-Zeitung mit dem Slogan "Wer etwas wichtiges zu sagen hat, macht keine langen Sätze". Dieser Ansatz scheint dem Buch "111 Bibeltexte, die man kennen muss" zugrunde zu liegen. Comicartig erzählt der Baptisten-Pastor, Liedermacher, Autor und Hörfunkjournalist Andreas Malessa ausgewählte Abschnitte aus der Bibel auf einer Buchseite nach.
Seine Anmerkungen sind mal informativ, mal bemüht originell. Stellenweise hat man den Eindruck, der Autor hat sich beim komprimierten Auslegungsversuch auf 30 Zeilen stark verhoben. Beispielsweise, wenn er die Bekehrung des Paulus mit der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi 2018 beginnen lässt. Der Einstieg bleibt unklar und ist entbehrlich. Auch bei der Einlassung zum Abendmahl streift der Text nur die Oberfläche. Da ist es hilfreich, dass die Originalstellen aus der revidierten Lutherbibel von 2017 oder der Basisbibel – wenn auch viel zu klein gesetzt, dadurch schwer lesbar – danebenstehen.
Dass Malessa auch anders kann, zeigen die Berufung des Mose, die Speisung der Fünftausend oder seine Abhandlung über das höchste Gebot. Da gelingt es ihm, die biblische Botschaft mit einer angemessen lockeren, verständlichen Sprache in die Lebenswelt möglicher Rezipienten zu übersetzen. Wobei das gerade die Frage ist, wer mit diesem Taschenbuch zum Bibelstudium animiert werden soll. Die Häppchen in einfacher Sprache, garniert mit Hintergründigem und launigen Anmerkungen, liegen vermutlich auf manchem Konfirmationstisch. Wer es tiefgründiger, aber nicht minder verständlich mag, dem sei eher die Lektüre von Christian Nürnbergers „Keine Bibel“ empfohlen. Der Aufbau als Roman mit Erklärungen der Basis-Bibel ermöglicht einen weiteren Zugang zu den Schätzen des Alten und Neuen Testaments. So aber ist das vorliegende Buch nicht angelegt.
Die Frage auf dem Cover „Kann denn Bibel lustig sein?“ ist eindeutig zu beantworten. Für viele Menschen ist die Heilige Schrift eben gerade kein Witzebuch, sondern Lebenshilfe und Orientierung. Ich bin mir sicher, dass das der Theologe Malessa und die Bibelgesellschaft nicht in Frage stellen. Es bleibt leider beim Versuch einer originellen Bibelkunde.
Der Emons Verlag und die Deutsche Bibelgesellschaft reihen dieses Buch in die "111“-er Reihe ein, in der beispielsweise Bände wie „111 Orte, die man gesehen haben muss" oder „111 Katzen, die man kennen muss“ erschienen sind. Davon hebt sich der Bibel-Band klar ab. Bei aller Kritik an Gestaltung und Stil sind dem Buch natürlich viele Bibel-Erstleser zu wünschen. 

Malessa, Andreas: 111 Bibeltexte, die man kennen muss, Deutsche Bibelgesellschaft/Emons Verlag, 240 S., ISBN 978-3-7408-1101-3; 16,95 Euro

Autor:

Online-Redaktion

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