Kirchenkreis Mühlhausen
Kreuz, Drache, Hahn: Was Wetterfahnen verraten

Harald Otto ist Experte für Turmbekrönungen. In Lengenfeld setzt er den neuen Wetterhahn auf die Kirchturmspitze. | Foto: Foto: Reiner Schmalzl
  • Harald Otto ist Experte für Turmbekrönungen. In Lengenfeld setzt er den neuen Wetterhahn auf die Kirchturmspitze.
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Furchteinflößend blickt ein Löwe mit ausgestreckter Zunge vom Turm der Johanneskirche über Niederdorla bei Mühlhausen.

Von Reiner Schmalzl

Aber die wenigsten Dorfbewohner und Passanten dürften das mit bloßen Augen kaum zu erkennende Motiv in der Wetterfahne in 45 Meter Höhe auch deuten können. Auf den zweiten Blick gut sichtbar ist ein abgebildeter Vogel, der unstrittig den preußischen Adler mit aufgesetzter kaiserlicher Krone darstellt. Denn seit 1802 gehörte der Vogteiort Niederdorla zu Preußen.

Während Wetter- oder Windfahnen in früherer Zeit als älteste Instrumente der Wettervorhersage galten, handelt es sich bei dem Exemplar in Niederdorla um ein richtiges Dokument, auf dem Kirchen-, Orts- und sogar Weltgeschichte gebündelt sind. So weist die Jahreszahl 1849 auf den Zeitpunkt hin, in dem die jetzige Fahne von Martin Müller und dessen Frau Martha Christine Müller gestiftet worden war. Dafür stehen deren Initialen MM und MCM. Die am unteren Rand etwas versteckte Jahreszahl 1742 bezieht sich auf den damals eingeweihten Bau des neuen Kirchturms, der laut einer Urkunde vom sächsischen Kurfürsten Friedrich August III. höchstpersönlich genehmigt worden war. Diese und weitere Fakten sind in der Schul- und Pfarrchronik von Kantor Hugo Merkel und Pfarrer Förster überliefert, erläutern Günther Schlaffke vom heutigen Kirchenvorstand und Kreisarchivar Michael Zeng.

Die etwas an den Barockstil erinnernde Wetterfahne von St. Georg im Nachbarort Langula trägt die Jahreszahl 1766 und markiert unmissverständlich ein einschneidendes Ereignis, ja Drama, der Dorfgeschichte. Denn damals war der Kirchturm nach einem verheerenden Brand neu errichtet worden. Mit dem ausgestanzten Kreuz, Herz und Anker in der 1996 erneuerten Windfahne von Oppershausen lassen sich jene Symbole auf St. Marien für den Laien schnell erfassen und auf den Punkt bringen. „Glaube, Liebe, Hoffnung“, sagt Bürgermeister Florian Bäumlein auf Anhieb zu einem Passanten.

Synchron drehen sich die golden funkelnden Wetterhähne auf den Zwillingstürmen von „Divi Blasii“ als evangelischer Hauptkirche von Mühlhausen im Wind. Der Hahn steht bekanntlich für den Sieg des Lichts über die Dunkelheit im Morgengrauen und damit für die Auferstehung Christi und das Leben nach der Finsternis im Grab.

Vor allem im Eichsfeld ist der Hahn typisch für die Turmbekrönungen. So leuchtet ein solches Exemplar seit Ende 2023 beispielsweise wieder auf der Lengenfelder Pfarrkirche Mariä Geburt. In fast 40 Meter Höhe wurde die komplett erneuerte Turmzier unter Regie von Harald Otto aus dessen Metalldrückerei in Effelder fachgerecht angebracht. Selbst Christine Otto, die Ehefrau des Handwerksmeisters, ließ sich damals das Ereignis nicht entgehen und wollte selber sehen, wie sich ihr am Computer entworfener Vogel in luftiger Höhe so machen würde.

Richtig zum Gruseln kann dem Betrachter der Wetterfahne von St. Michael auf der Eichsfelder Höhe in Wachstedt werden. Denn dort ist der Erzengel Michael mit einem Schwert in den linken Hahn dargestellt, während er das Böse in Gestalt eines Drachen bezwingt.

Außergewöhnlich tierisch geht es neuerdings auch auf einer Kirchturmspitze in Heiligenstadt zu. Dort thront seit Februar wieder die sanierte Wetterfahne mit dem Pfarrpatron. Dargestellt ist nämlich der heilige Ägidius in Begleitung einer Hirschkuh. Der als griechischer Kaufmann geborene Ägidius war im Mittelalter einer der populärsten Heiligen Europas. Der in Heiligenstadt abgebildete Nothelfer kann dort sogar nur etwa 300 Meter weiter den heiligen Martin von Tours auf der Spitze der evangelischen Mutterkirche des Eichsfeldes „zurufen“.

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