Weltbevölkerungsbericht
Jede zweite Schwangerschaft unbeabsichtigt
Der Weltbevölkerungsbericht 2022 zeigt: 48 Prozent aller Schwangerschaften weltweit sind unbeabsichtigt. Für viele Frauen beutete dies gleichzeitig das Ende des Lebenstraums, sagt Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze.
Fast die Hälfte aller Schwangerschaften weltweit sind unbeabsichtigt. Das geht aus dem Weltbevölkerungsbericht 2022 hervor, den die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW), der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) und das Bundesentwicklungsministerium in Berlin vorstellten. «Die erschütternde Zahl unbeabsichtigter Schwangerschaften ist ein weltweites Versagen bei der Wahrung der grundlegenden Menschenrechte von Frauen und Mädchen», sagte die Exekutivdirektorin von UNFPA, Natalia Kanem.
Jedes Jahr seien 121 Millionen und somit fast die Hälfte aller Schwangerschaften weltweit unbeabsichtigt, heißt es in dem Bericht. Dabei sei die Zahl je nach Region sehr unterschiedlich. Während in Europa und Nordamerika zwischen 2015 und 2019 jährlich nur etwa 35 unbeabsichtigte Schwangerschaften pro 1.000 Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren erfasst wurden, seien es in Zentral- und Südasien 64, in Afrika südlich der Sahara 91 gewesen. «Dort trifft man häufig auf Gemeinschaften, die männlich dominiert sind und wo Frauen und Mädchen wenig Mitspracherecht haben», ordnete DSW-Geschäftsführer Jan Kreutzberg die Zahlen für die Länder südlich der Sahara ein.
Keine Selbstbestimmung, keine Aufklärung
In den afrikanischen Ländern könne nur jede dritte Frau selbst bestimmen, wann und mit wem sie Sex habe, so Kreutzberg weiter: «Besonders schwierig ist es für Mädchen und Frauen in einem Abhängigkeitsverhältnis oder die sich in einer Notsituation befinden.» Viele Frauen und Mädchen würden gezwungen, wegen einer unbeabsichtigten Schwangerschaft die Schule abzubrechen oder verlören dadurch ihre Arbeit.
«Sexualaufklärung und eine gute Versorgung mit Verhütungsmitteln sind wesentlich, um unbeabsichtigte Schwangerschaften zu vermeiden», ergänzte Kreutzberg deshalb. Beides sei in vielen Ländern des Südens nicht sichergestellt, gleichzeitig jedoch elementares Menschenrecht.
Mehr als 250 Millionen Mädchen und Frauen werden Kreutzberg zufolge nicht über die verschiedenen Möglichkeiten zur Verhütung aufgeklärt. «Das hat verschiedene Gründe: Der Partner will nicht, die Mittel sind nicht verfügbar oder sie sind für die Frauen und Mädchen nicht erschwinglich.» Wichtig sei zudem, dass das Verhütungsmittel zu der Lebenssituation der jeweiligen Frau passe.
Armut ist Ursache und Folge
Armut und schlechte Bildung, wovon Frauen häufiger betroffen seien als Männer, seien sowohl Ursache als auch Folge einer ungewollten Schwangerschaft, hieß es. «Nur wenn Mädchen und Frauen Entscheidungen über ihre Gesundheit und ihre Lebensplanung selbst treffen können, haben sie eine faire Chance auf soziale und wirtschaftliche Teilhabe», mahnte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD).
Die Gleichberechtigung der Geschlechter sei Schlüssel zur nachhaltigen Entwicklungspolitik, sagte Schulze : «Bei der feministischen Entwicklungspolitik geht es um die ganz großen Themen der Menschheit, die über die Stabilität unserer Gesellschaft mitentscheiden.» Eine ungewollte Schwangerschaft bedeute für viele Frauen gleichzeitig das Ende ihres Lebenstraums.
Weil sich die Versorgung mit Verhütungsmitteln in humanitären Krisen verschlechtert, seien diese ein Treiber von unbeabsichtigten Schwangerschaften, erklärten die Verfasser des Berichts. Mit jenen Krisen sei auch die Zunahme sexualisierter Gewalt verbunden, Massenvergewaltigungen würden systematisch als Kriegswaffe eingesetzt. (epd)
Autor:Katja Schmidtke |
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