EKD-Synode
Kirche ringt um Umgang mit Klimaaktivisten
Die Klimafrage ist nach Einschätzung der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, die gegenwärtig wichtigste Frage. Die ungebremste Erderhitzung setze die Bedingung der Möglichkeit menschlichen Lebens überhaupt aufs Spiel, sagte Kurschus am Sonntag in Magdeburg vor der Synode der EKD. Die Klimakrise schränke auch Möglichkeiten ein, überhaupt noch Politik zu machen, denn Politik im Sinne von Demokratie brauche Entscheidungsspielräume.
Fragen nach Frieden und Sicherheit dürften nicht ausgespielt oder aufgerechnet werden gegen Fragen des Klimaschutzes und der Bewahrung der Schöpfung, betonte Kurschus. Klima- und Sicherheitspolitik werde nie zu Lasten, sondern stets zugunsten der Armen in aller Welt und auch zugunsten der Armen in Deutschland geschehen müssen.
Bedford-Strohm: "Last Generation" ist komplett kontraproduktiv
Bayerns Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hält die Aktionen der Klimaaktivisten von "Last Generation" für "komplett kontraproduktiv." Das sagte der Theologe am Freitag in einer Debatte auf der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) in Magdeburg. "Ich glaube, unser Problem ist es nicht, die Menschen endlich aufzurütteln", so Bedford-Strohm. Viele Menschen hätten sehr genau verstanden, wie ernst die Situation sei. Die Konsequenz daraus sei eine zunehmende Depression.
"Ich kann nicht sehen, dass das Festkleben auf den Straßen, wo Leute ihr Kind aus dem Kindergarten abholen wollen, die dann im Stau stehen und sich ärgern, etwas nutzt", sagte der Landesbischof. "Oder dass irgendwelcher Brei auf Gemälde gespritzt wird - das verhindert nur, dass sich konstruktive Energie entwickelt, und Menschen handeln." Bedford-Strohm betonte, die Regierungen mühten sich redlich ab, um den Klimawandel aufzuhalten. "Uns als Kirche steht es nicht zu, auf dem moralischen Hochpodest irgendwelche Ratschläge zu geben, wenn wir selber nicht so weit sind", sagte Bedford-Strohm. "Als Kirchen können wir nur mit einer Haltung der Demut an die Sache gehen."
Landesbischof Meister: Klima-Aktivisten moralisch unterstützen
Die Kirchen sollten Klima-Aktivisten der Gruppe "Letzte Generation" nach den Worten von Hannovers Landesbischof Ralf Meister moralisch unterstützen. "Das heißt nicht, dass wir alle Maßnahmen begrüßen, die durchgeführt werden, sondern dass man sie auch kritisieren kann", sagte Meister am Samstag am Rande der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) vor Journalisten in Magdeburg.
Meister betonte, dass er selbst in seiner Jugend das System radikal in Frage gestellt habe. "Diese Generation nimmt das in einer radikalen Form der Anfrage wahr, was adäquat ist zu der Herausforderung, in der wir nicht nur als Gesellschaft, sondern auch als Menschheit stehen." Zugleich befürchte er jedoch eine weitere Radikalisierung von "Letzter Generation": "Es könnte eine weitere Radikalisierung verhindern, wenn große institutionelle gesellschaftliche Akteure das auch unterstützen."
Die Landesjugendpastorin der evangelischen Nordkirche, Annika Woydack, sagte, dass sie eine "große Achtung vor all den jungen Menschen, die sich da so engagieren", habe. "Sie packen das Thema Klimawandel mit Energie und Verzweiflung und schmeißen es uns vor die Füße." Die Jugendarbeit der Nordkirche sei etwa mit "Fridays for Future" eng verzahnt. "Ich beobachte, dass Menschen, die bei uns mitmachen, sprachfähig sind und gelernt haben, sich in die unterschiedlichsten politischen Parteien einzubringen", so Woydack.
Ähnlich äußerte sich Melissa Streicher, ehrenamtliche "Klimateamerin" der Nordkirche. "Ich habe das Gefühl, es geht nicht richtig weiter", sagte Streicher. "Ich würde mir mehr Begegnung auf Augenhöhe wünschen, mehr niedrigschwellige Diskussion zu dem Thema." Die jungen Menschen kümmerten sich. "Aber wir schaffen es nicht allein." (kna)
Autor:Katja Schmidtke |
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